BABY Audio Parallel Aggressor

Autor: Peter Kaminski

aufmacher

Wir haben schon einige Plug-Ins von BABY Audio vorgestellt wie den Comeback Kid Delay oder eben das erste Produkt des Hersteller, den I Heart NY Parallel-Kompressor. Letzterer hat etwas mit dem neuesten Produkt Parallel Aggressor gemeinsam, nämlich die parallele Komprimierung. Aber das war es auch schon, denn das Konzept und die Zielsetzung ist eine andere, vor allem eine extremere.

Voraussetzungen und Installation

Der BABY Audio Parallel Aggressor ist für macOS am 10.7 und für Windows-PCs ab Windows 7 einsetzbar und läuft auf allen gängigen Workstations.

installer

Installiert wird das Plug-In als 32- oder 64-Bit-Plug-In für die Plug-In-Format VST2, VST3 und AAX. Die Installation erfolgt über einen Installer (s. Abb. oben).

Konzept

Was macht denn eigentlich der Parallel Aggressor? Wir haben ja schon auf die Gemeinsamkeit mit dem "I Heard NY" Plug-In hingewiesen. Im Gegensatz dazu gibt es aber nicht nur zwei sondern drei parallele Audio-Bearbeitungspfade und zwar das Originalsignal, den SPANK-Pfad mit einer starken Komprimierung und den HEAT-Pfad in dem das Signal über eine simulierte Bandsättigung angezerrt wird. Alle drei Wege lassen sich im Ausgangspegel justieren. Eine Audiobearbeitung findet also in den zwei Pfaden SPANK und HEAT statt.

Im SPANK-Kompressionspfad gibt es noch Möglichkeiten über die EXTRA PUNCH-Funktion die Transienten zu forcieren und über die Funktion EXTRA SMACK den Algorithmus so zu verändern, dass ein noch aggressiverer Sound generiert wird. Weiter gibt es noch ein Side-Chain-Filter für die Kompresser-Ansteuerung und eine Möglichkeit den SPANK-Pfad auf Mono zu schalten.

Der HEAT-Pfad ist nicht weniger simpel. Es gibt zwei Sättigungsalgorithmen eine normale und eine, die eine besonders starke Sättigung generiert (EXTRA HOT). Die Basis zu dem Algorithmus stammt wohl von dem BABY Audio Plug-In Super VHS. Weiter gibt es die Möglichkeit der Forcierung der Sättigung im mittleren Frequenzbereich (TONE) und es ist auch ein Hoch- (150 Hz) und Tiefpass (7,5 kHz) im Pfad aktivierbar, um den Bass- oder Höhenbereich von der Sättigung auszunehmen.

Nach der Summierung der drei Pfade gibt es noch ein aktivierbares Auto-Gain und einen Limiter der Übersteuerungen am Ausgang des Plug-Ins vermeiden soll.

Bedienung

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Die Oberfläche lässt sich in der Farbgebung zwischen dunkel (s. Aufmacher Abb. oben), mittel (s. unten) und hell (s. oben) umschalten.

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Die Anzahl der Regler-Elemente ist überschaubar.

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Es gibt drei Fader für den Ausgangspegel der drei Pfade und zudem darunter drei Solo-Taster um die Pfade einzeln abzuhören (s. Abb. oben). Wie stark die Bearbeitung der SPANK- und HEAT-Pfade ausfallen, stellt der Anwender mit zwei virtuellen Drehregler ein.

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Um hierfür die richtige Einstellung zu finden wird die Bearbeitungstiefe im einem Halbkreis visualisiert. Auf Bargrafanzeigen hat man beim Parallel Aggressor ganz verzichtet. Deutlich hörbar wird der Effekt des entsprechenden Pfads wenn eine leichte Rotfärbung am Rand des Halbkreises sichtbar wird. Bei maximaler Bearbeitungstiefe wird der Halbkreis komplett ausgefüllt und ein deutlich rotgefärbter Rand wird sichtbar.

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Die Zusatzoptionen für die beiden Bearbeitungswege SPANK und HEAT befinden sich unter den Reglerelementen und lassen sich über virtuelle Schalter aktivieren, als da wären für SPANK (von links nach rechts): EXTRA PUNCH, EXTRA SMACK, Side-Chain-Hochpass, Mono-Zusammenführung und für HEAT: EXTRA HOT, TONE sowie je ein Hoch- und Tiefpassfilter. In der Mitte lässt sich der Ausgangspegel einstellen und die Auto-Gain-Funktion aktivieren. Der maximale Pegel wird umschaltbar als Peak oder RMS angezeigt (ca. 6 Sekunden Haltezeit). 

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Es sind 24 Werks-Presets für benannter Anwendungsszenarien von den Entwickler sowie der amerikanischen Produzenten und Musikern KurtCurt und Anthiony Saffery mit an Bord.

Praxis

Wir haben das Parallel Aggressor Plug-In auf unserer XI-Machines X2 Workstation (2017) mit Windows 10 getestet und zwar überwiegen auf Steinbergs Nuendo 10.3. Probleme haben wir nicht festgestellt.

Zunächst einmal zur Einschätzung des Anwendungsbereichs. Parallel Aggressor ist nicht als Dynamik-Prozessor sondern als Werkzeug für die Klanggestaltung anzusehen und das ganz massiv, besonders durch den HEAT-Bearbeitungspfad. Je nach Einstellungen lässt sich das Plug-In für die verschiedensten Instrumente sinnvoll einsetzten und zwar angefangen von Gesang über Samples und Synthies (sehr schöne Resultate übrigens zum Beispiel in Zusammenhang mit Massive X), E-Gitarre und auch Drums und Percussion. Auch dem einen oder anderen Eurorack-Modular-Patch verhilft Parallel Aggressor zu deutlich mehr Druck - wenn man möchte. Dabei wird auch die Lautheit deutlich angehoben, ohne dass der Pegel im Kanal sich massiv ändert. Es ist schon erstaunlich, wieviel Druck man mit dem Parallel Aggressor machen kann. Natürlichkeit des Klangs hat dabei keine Priorität.

Die Einstellungen sind einfach und es lassen sich schnell die richtigen Einstellungen finden. Die Solo-Tasten der drei Pfade helfen einem dabei Feineinstellungen vorzunehmen. Schade, dass es keine Mute-Tasten für die einzelnen Wege gibt. Das würde die Beurteilung der Einstellungen noch komfortabler machen. Die etwas ungewöhnlich anmutenden grafischen Meter in Form der Halbkreise helfen in der Praxis, die richtige Einstellung für die Bearbeitungstiefe zu finden.

Wie sollte man nun Parallel Aggressor einsetzen. In einigen YouTube Video habe ich den Einsatz in allen einzelnen Kanälen gesehen. Davor sollte man bei normalen Musikproduktionen Abstand nehmen. Mit dem Parallel Aggressor lassen sich Instrumente sehr schön im Mix herausarbeiten oder forcieren und es bleibt noch Platz für die restlichen Spuren im Mix. Sicherlich lässt sich der Parallel Aggressor auch in der einen oder anderen Summe, zum Beispiel für Schlagzeug und Perkussion, exzellent verwenden. In der Summe würde ich den Parallel Aggressor aber nur mit entsprechender Vorsicht empfehlen oder falls bewusst einen extrem aggressiver Sound kreiert werden soll. Mir persönlich gefiel der Parallel Aggressor bei Synthesizer-Instrumenten und Spuren mit Eurorack-Patches sehr gut. Selbst zurückhaltende Pads kann man so eine aggressive Note verpassen. Auch bei Akustikgitarre lässt sich mit Parallel Aggressor sehr gute Ergebnisse erzielen, wenn man dort sehr zurück haltende Einstellungen verwendet. Manchmal ist halt weniger mehr.

Fazit

Der Preis für BABY Audio Parallel Aggressor liegt bei 49 US$ und ist direkt von der Herstellerseite zu beziehen. Was den Klang des Plug-Ins angeht, so kann man nur sagen, dass der Name Programm ist. Die Bedienung ist kinderleicht und Instrumente- und auch Gesangsspuren bekommen mit dem Parallel Aggressor eine ordentliche Note Punch und Aggressivität verpasst. Ein stark klangkreierendes Werkzeug und kein Dynamik-Tool. Wieder mal ein tolles Plug-In der noch so jungen Plug-In-Schmiede BABY Audio, was sicherlich bald in vielen Studio zu finden sein wird. Man kann nur sagen: weiter so ... 

www.babyaud.io