Tracktion StageBox
Host-Software für Live-Anwendungen
Autor: Peter Kaminski
Viele Live-Musiker setzen heutzutage nicht nur Hardware, sondern auch virtuelle Synthesizer ein. Für den Bühnenbereich gibt es auch sehr komplexe Software-Lösungen, wo man Plug-Ins einbinden kann oder auch einfache Host-Software, wo lediglich das Laden eines Plug-Ins möglich ist. Für den einzelnen Keyboarder sind diese Lösungen häufig funktionell viel zu umfangreich oder zu minimalistisch. Hier möchte Tracktion mit der Software StageBox eine Alternative anbieten, die eher in der Mitte zwischen diesen beiden extremen positioniert ist. Entwickelt wurde die Software von Matt Robertson, einem mehrfach Grammy-nominiertem Komponisten, Produzent und Musiker.
Voraussetzungen und Installation
StageBox ist sowohl für Windows-PCs als auch für Rechner mit macOS verfügbar.
Über den Tracktion Download Manager kann der Anwender den Download und die Installation der Software vornehmen (s. Abb. oben). Hierzu ist ein Kundenkonto bei Tracktion erforderlich. Nach der Einrichtung und dem ersten Start ist eine Autorisierung erforderlich.
StageBox fragt automatisch nach der Installation nach einem Plug-In-Scan. Unterstützt werden VST3-Instrumente und auf macOS auch noch Plug-Ins im Format AudioUnit.
Nach dem Scan stehen die Plug-Ins dann zur Auswahl in der Software zur Verfügung.
Konzept
Hier zunächst einmal Informationen über die Hierarchie der einzelnen Elemente in der Software. Über allem steht ein "Projekt" welches mehrere "Setlists" enthalten kann. Ein Projekt ist zum Beispiel eine komplette Tour und eine Setlist eine Abfolge für ein bestimmtes Konzert an einem Ort. In einer Setlist sind verschiedene "Songs".
In einem Song stehen verschiedene Instanzen bereit, die ein virtuelles Instrument und Bearbeitungs-Plug-Ins enthalten. Die Songs in einem Projekt können auch mehrfach in Setlists benutzt werden. Eine Instanz kann sowohl dupliziert werden und ist dann unabhängig als auch als eine Shared Instance genutzt werden, wobei dann alle Einstellungen übernommen werden. Das Ganze und die Zusammenhänge werden sicherlich gleich bei im Verlauf des Artikels deutlicher werden.
Bedienung
Über den virtuellen Taster SETTINGS wird der globale Einstelldialog aufgerufen. Hier lassen sich zum Beispiel die MIDI-Eingabegeräte für StageBox aktivieren sowie auch das entsprechende Audio-Interface. Auch Interfaces mit ASIO-Treiber werden unterstützt. Wir haben die Software mit unserem UFX+ von RME getestet. Hier gibt es auch eine Liste der gefundenen und aktivierten Plug-Ins und eine manuelle Scan-Möglichkeit.
Auf der linken Seite lässt sich in einem aufgerufenen Projekt eine Setlist anlegen, bzw. anwählen. Hier sieht man dann die einzelnen Songs, die sich mit der Maus in der Reihenfolge verschieben lassen.
Möchte man an einem Spielort der Tour eine andere Song-Reihenfolge nutzen so kann man einfach deine alternative Setlist anlegen und die Songs dann entsprechend anordnen. Über die Funktion SONG SECTION lassen sich auch Unterbereiche von Songs anlegen (siehe oben bei Song 3). Wenn man den Song verschiebt werden auch diese Unterbereiche, wie zum Beispiel Intro, Chorus, Bridge etc., zusammen verschoben.
Es lassen sich auch einzelne Songs in eine Setlist importieren. Songs lassen sich aus der Setlist (Remove Song) oder auch aus dem ganzen Projekt (Delete Song) entfernen. Über einen Export und Import können Songs auch in andere Projekte benutzt werden. Der Song lässt sich über ein MIDI Programm Change Befehle selektieren.
Wie schon zuvor beschrieben kann ein Song aus mehreren Instanzen (s. Abb. oben) bestehen, die jeweils als Sound Layer zu verstehen sind.
In einer Instanz lässt sich ein virtuelles Instrument aus den vorhandenen Plug-Ins auswählen (s. Abb. oben).
Für die Instanz lässt sich über das Keyboard-Icon ein Dialog aufrufen um MIDI-Kanäle und MIDI-Befehle festzulegen, die akzeptiert werden sollen oder eben auch nicht und es lässt sich die Velocity-Kurve und auch der aktive Keyboard-Bereich anpassen.
Schauen wir nun mal auf den Signalpfad einer Instanz eines Songs. Es stehen in der Instanz an verschiedenen Stellen des Signalpfades Plug-In-Slots zur für Audiobearbeitung zur Verfügung. So eben direkt hinter dem Ausgang des selektierten virtuellen Instrumentes nach Bedarf mehrere Slots. Danach gibt es zwei Effekt-Send-Slots sowie wieder mehrere nachgeschalteter Effekt-Slot nach Bedarf mit einer nachfolgenden Pegelreglung.
Es gibt verschiedene Möglichkeiten des Ausgangs-Routings. Der Ausgang lässt sich direkt auf den Song-Bus schalten oder man kann auch einen spezifischen Ausgang des genutzten Audio Interfaces zum Ausspielen, quasi als Direct Out, anwählen (s. Abb. oben). Im Song-Bus (ganz rechts) sieht man dann den Song-Bus, der auch noch Slots für mehre globale Plug-In-Slot in Serie für alle Instanzen eines Songs bietet.
Für den Bühnenauftritt selbst lässt sich die Darstellung in den Modus PERFORM umschalten (s. Abb. oben), wo man nicht mehr die einzelnen Instanzen sieht, sondern nur groß den aktuellen Song mit zusätzlichen Textinformationen die man dem Song zuordnen kann sowie dem eingestellten Tempo.
Praxis
Wir haben StageBox auf unserem Studiorechner, einem AudioKern B14 von Digital Audio Service unter Windows 11 installiert. Sowohl der Installationsprozess als auch die Nutzung lief problemlos.
Es gibt eine englische Bedienungsanleitung als PDF sowie einige Videos von Tracktion, die die Funktion sehr gut erklären. Die Software ist, wenn man das Konzept und die Hierarchie verstanden hat, sehr intuitiv zu bedienen und ist dabei aber durch die Struktur und die Anordnung der Effektslots extrem flexibel und erfüllt fast alle Anforderungen, was man so als Keyboarder Live realisieren möchte. Da bleiben nur wenig Wünsche übrig.
Anzumerken ist noch, dass sich auch pro Song ein Paramater eines virtuellen Instrumentes einem MIDI-Controller zu ordnen kann. Es lassen sich so auch mit einem Controller Zugriff auf mehrere Parameter gleichzeitig und auch in mehreren Instanzen festlegen.
Ich muss sagen, dass ich sicherlich auch im Studiobetrieb mal häufiger StageBox nutzen werde, um zum Beispiel mal Sounds, bzw. Presets zu Checken oder zu programmieren und dies ohne eine DAW-Software öffnen zu müssen deren vielen Funktionen ich bei einer solchen Arbeit nicht benötige und die eher dann störend sind.
Mittlerweile wurde übigens die Version 1.1 veröffentlicht, wo nun ein MIDI Mute für jeden Sound Layer bereitsteht sowie zusätzliche MIDI-Eingangsfilter.
Fazit
StageBox ist über die Web-Seite von Tracktion erhältlich und kostete zum Testzeitpunkt regulär 129 US$. Es gibt dort auch eine funktionell vollwertige aber zeitlich auf 30 Tage beschränkte Testversion zum Download.
Also ich bin von StageBox ganz begeistert. Die Software ist wirklich einfach zu bedienen. Wenn man nicht seine ganze Band über eine Software verlinken und unterstützen möchte, sondern lediglich seine eigenen Bedürfnisse als Keyboarder, dann ist StageBox genau das Richtige. Besonders die Flexibilität bei der Projektstruktur und im Signalpfad und bei den Ausspielwegen überzeugen mich. StageBox stößt da durchaus in eine Lücke die bisher so noch nicht abgedeckt ist und wird sicherlich viele Freunde finden.