Audeze MM-100
Studiokopfhörer mit magneto-statischem Wandler
Autor und Fotos: Peter Kaminski
Kopfhörer des US-amerikanischen Herstellers Audeze haben wir schon verschiedene vorgestellt, wie: den LCD-1, die LCD2 und den LCD2 Closed Back als auch den engsten Verwandten des MM-100 den Audeze MM-500. Mit der MM-Serie, die in Zusammenarbeit mit dem bekannten Produzenten und Toningenieur Manny Marroquin aus Los Angeles entstanden ist, hat man Produkte speziell abgestimmt für die Anwendung in Tonstudios im Programm. Der MM-500 ist vom Preis her eher in der oberen Preiskategorie angesiedelt. Mit dem MM-100 stellte man im April 2023 auf der NAMM nun ein deutlich preiswerteres Modell im mittleren Preissegment vor. Da stellt sich natürlich die Frage wie gut schlägt es sich im Verhältnis zu den Mitbewerbern und dem Top-Modell der Serie und wo liegen denn genau die Unterschiede.
Konzept und Technik
Alle Kopfhörer von Audeze haben eines gemeinsam nämlich "magneto-statische Treiber". Dieser Typ von Kopfhörer wird auch als Magnetostaten bezeichnet. Wir möchten hier nicht alles noch einmal aufrollen. Daher der Hinweis, dass man weitere Details in dem Test des LCD-2 im Anschnitt Konzept und Technik findet.
Kurz zusammengefasst: bei Magnetostaten bewegt sich keine Schwingspule in einem Magnetfeld die eine Membrane antreibt, sondern es bewegt sich eine sehr dünne Membrane in einem starken Magnetfeld, welche durch ein Array von mehreren Magneten erzeugt wird. Auf der Membrane wird eine dünne Leiterstruktur aufgebracht. Das Eingangssignal geht auf diese "Spule" und durch die magnetische Kraft bewegt sich dann die Membrane bewegt. Magentostaten haben auch einige Vorteile gegenüber Elektrostaten, wie zum Beispiel ein in der Regel höheren Dynamikumfang.
Beim MM-500 kommen sieben Magnete zum Einsatz, während es beim MM-100 sechs Magente sind. Dadurch hat der MM-100 auch eine etwas geringere Empfindlichkeit als der MM-500.
MM-100 vs. MM-500
Bei Audeze gibt es verschiedene Generationen von Modellen. Der MM-500 und auch der MM-100 basieren technisch beide auf den LCD-5. Werfen wir doch nun einmal einen Blick auf die beiden Modelle MM-500 sowie den neuen MM-100. Da fallen einem sofort einige gravierende Unterschiede auf.
Es kommen sehr ähnliche Treiber zum Einsatz. Viel deutlicher fallen die Unterschiede bei der mechanischen Ausführung aus. Man sieht, dass die MM-100 Kopfhörer (oben im Bild links) sich nicht in der Länge nicht so einfach anpassen lassen. Zum Verstellen muss man Schrauben auf beiden Seiten lösen.
Weiter wird auf der linken und rechten Seite eine Stereo-Miniklinkenbuchse statt Mini-XLR-Stecker geboten. Der Vorteil ist, dass das beiliegende Kabel entweder links oder rechts eingesteckt werden kann. Einschränkung ist aber, dass die beiden Massen der Treiber nicht getrennt herausgeführt sind und so eine symmetrische Beschaltung am Kopfhörerverstärker im Gegensatz zum MM-500 nicht möglich ist.
Für die Ohrpolster nutzt man beim MM-100 (s. oben) ein Gel während beim MM-500 sich ein elastisch-reversiblen Schaumstoff im Polster befindet. Die Polster beim MM-500 sind auch ein paar Millimeter höher.
Beim MM-100 wird ein 2,4 Meter langes hochwertiges Anschlusskabel (3,5 mm TRRS- auf 6,3 mm TRS-Klinkenstecker) sowie ein Stofftransportbeutel mitgeliefert.
Technische Daten
Die grundsätzlichen Daten sind sehr ähnlich zwischen dem MM-100 und MM-500. Es kommt ein Fluxor Magnet Array zum Einsatz und die patentierte Fazor-Struktur für das Phasenmanagement, sowie Neodym N50 als magnetisches Material. Die Wandler haben sowohl beim MM-500 als auch beim MM-100 einen Durchmesser von 90 mm. Weitere identische Daten sind 18 Ohm Impedanz - also sehr niederohmig - und maximal 5 W RMS Leistung.
Unterschiede gibt es beim maximalen Schalldruck, der beim M-100 mit >120 dB angegeben ist, also 10 dB geringer als beim MM-500. Die Empfindlichkeit beträgt laut Hersteller beim MM-100 98 dB/mW und beim MM-500 100 dB/mW. Besonders auffällig ist die unterschiedliche Angabe des Übertragungsbereichs, den Audeze beim MM-500 mit 5 Hz bis 50 kHz und beim MM-100 mit 20 Hz bis 25 kHz angibt. Bei Gewicht ist es so, dass der MM-100 mit 475 Gramm ungefähr 20 Gramm leichter ist als sein großer Bruder MM-500.
Praxis
Als erste kommen wir einmal zum Tragekomfort. Die größte Einschränkung beim MM-100 gegenüber dem MM-500 ist sicherlich das die beiden Kopfhörermuscheln sich von der Länge nicht einstellen lassen. Der Tragekomfort ist trotzdem gut aber beim MM-500 eben doch anpassbar. Der Kopfhörerbügel ist auch aus Metall aber unter dem Bügel ist noch ein Kissen angebracht. Dieses fehlt beim MM-500, da es durch die individuelle Anpassung schlicht nicht erforderlich ist. Ein merkbarer Unterschied ist auch das Kopfhörerpolster, dass sich beim MM-500 etwas mehr anschmiegt.
Grundsätzlich haben Kopfhörer mit magene-tostatischen Wandlern Vorteile, wie lineare Wiedergabe und hohe Impulstreue. Diese haben wir ja auch schon in den anderen Audeze Tests angesprochen und aufgezeigt. Das ist logischerweise auch beim MM-100 nicht anders. Wir haben bei unserem Test sowohl den Lake People G-108 als auch den SPL Phonitor 2 eingesetzt und zwar ausschließlich im unsymmetrischen Betrieb, da sonst der Vergleich hinkt.
Nun zu den Unterschieden der beiden Kopfhörer MM100 und MM-500: Klanglich liegen die Kopfhörer schon erstaunlich eng beieinander. Wir mussten schon identische Kopfhörerverstärker für den Vergleich nutzen, da der sehr leicht unterschiedliche Klang der Verstärker schon größeren Einfluss hatte als der Klangunterschied zwischen MM-100 und MM-500. Bei genauem Vergleich sind aber Unterschiede hörbar. Im Bassbereich kann man bestätigen, dass der MM-500 im untersten Bereich etwas mehr Druck hat. Noch geringer fällt der Vergleich in den Höhen aus, wo der MM-500 ganz leicht präsenter ist. In den Mitten ist der MM-500 vielleicht noch eine Spur neutraler. Wir sprechen hier aber dort von Unterschiede, die erfahrene Hörer gerade so wahrnehmen können.
Die Empfindlichkeit ist laut Herstellerangabe bei dem MM-100 um ca. 2 dB/mW geringer (ein Magnet im Array weniger als der MM-500), was bei unserem Praxistest subjektiv aber noch geringer ausfällt und in der Praxis keine bedeutende Auswirkung hat. Auch in Verbindung mit integrierten Kopfhörerverstärkern wie bei bei einem Laptop oder andere Geräte mit geringem Ausgangspegel sorgt der MM-100 für genügend Schalldruck am Ohr.
Der MM-500 ist sicherlich zurzeit einer der besten Kopfhörer für die Studioarbeit im Markt. Daher muss man auch dem MM-100 klanglich eine sehr gute Bewertung geben - gerade wenn man seinen Preis berücksichtigt.
Fazit
Der Preis des Audeze MM-100 liegt bei knapp unter 500 Euro und das ist für einen Kopfhörer mit magneto-statischen Wandlern schon eine echte Preisansage. Das MM-Series-Top-Modell MM-500 ist mit ca. 2.000 Euro viermal so teuer. Der große Preisunterschied macht hier im Wesentlichen die mechanische Ausführung aus und dass man den MM-100 nicht symmetrisch betreiben kann sowie kleine klangliche Unterschiede. Preisbewusste werden daher sicherlich zum MM-100 greifen aber in den Studios, wo man das Optimum an Klang und Tragekomfort erreichen möchte, wird man sicherlich trotz des großen Preisunterschieds eher zum MM-500 greifen. Zudem ist der symmetrische Betrieb von Kopfhörern ein Trend, der zu Recht an Bedeutung gewinnt und da ist der MM-500 eben auch im Vorteil.
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