Rob Papen Vecto

Virtueller Synthesizer mit Morphing

Autor: Peter Kaminski

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Rob Papen ist unter anderem bekannt als Sound Designer - so hat er für Waldorf, Ensoniq und E-mu Sound Presets programmiert. Doch das war ihm nicht genug und so bildete er mit dem Programmierer Jon Ayres aus England ein Team und entwickelte seit dem an eigenen Synthesizer-Konzepten. Viele dieser virtuellen Instrumente wurden für die Propellerhead Reason RE Plattform entwickelt aber nach und nach stehen diese Synthesizer nun auch als Plug-Ins für andere Plattformen bereit. Einer dieser virtuellen Instrumente ist der Synthesizer Vecto, den wir hier in diesem Test vorstellen möchten.

Voraussetzungen und Installation

Vecto steht nun für Windows als VST- und AAX-Plug-In in einer 32- und 64-Bit-Version und für macOS (10.9 bis 10.15) als 64-Bit-Plug-In für AU, VST und AAX bereit. Der Installationsprozess ist so, dass man einen Registrierungs-Code bekommt, mit dem man dann einen Freischaltungs-Code über den Account auf der Rob Papen Web-Site erzeugen kann. Klingt kompliziert, ist aber in der Praxis relativ simple in der Handhabung. Nach dem Registrierungsprozess kann man einen weiteren Rechner auf diese Art freischalten.

Konzept

Vecto ist ein klassischer Synthesizer mit Oszillator, Filter und virtuellem VCA sowie Hüllkurven-Generatoren und LFOs. Also zunächst einmal ein  ganz klassischer Aufbau. Vecto verfügt über vier Oszillatoren mit verschiedensten Wellenformen und Samples, bzw. Sample-Loops und zwei steuerbare Filter. Das bemerkenswerte ist, dass über eine XY-Matrix - daher wohl auch der Name Vecto (also von Vektor) - sich die Oszillatoren mischen lassen und sich diese dynamischen Mischungen auch als Automation speichern und wieder abgerufen lassen.

Ein weiteres Konzept der Bedienung ist, dass es lediglich drei Bedienseiten gibt und zwar die Hauptseite bei der alle Synthesizer-Parameter eingestellt werden, eine Preset-Manager-Seite für die Werks- und eigenen Sounds sowie eine dritte Seite für die globalen Grundeinstellungen.

Presets

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Die Preset-Verwaltung ist bei allen Synthesizer-Plug-In-Produkten von Rob Papen sehr ähnlich. Die Struktur der Presets-Organisation ist dabei so wie man das gewohnt ist. Es gibt Bänke mit jeweils bis zu 124 Presets. Die Bänke und Preset lassen sich auf der Hauptseite über die Kopfzeile ändern oder eben komfortabler über die Preset-Manager-Seite, die man durch Anklicken des roten Labels MANAGER aufruft. Ein Preset kann man als Favorit markieren und jedem Preset lassen sich bestimmte Sound-Kategorien zuordnen und es gibt umfangreiche Suchmöglichkeiten.

Einstellungen

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Durch Anklicken des Vecto-Logo ruft man die Seite für die globalen Einstellungen auf, wo sich unter anderem die Grundstimmung und der MIDI-Kanal einstellen lässt und MIDI-Programm-Change und MIDI-Bank-Change sich aktivieren oder deaktivieren lässt (s. Abb. oben). Weiter sind dort neben des Credits auch ein paar erklärende Infos zu finden.

Oszillatoren und Morphing

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Und nun zum Wesentlichen, nämlich der Hauptseite, die in verschiedene funktionelle Bereiche aufgeteilt ist. Ganz oben befindet sich die Sektion mit den vier Oszillatoren und dem XY-Pad, mit dem der Anwender stufenlos den Pegel der Oszillatoren einstellen und so auch automatisierte Überblendungen zwischen den einzelnen Oszillatoren vornehmen kann. Wenn sich der rote Punkt in der Mitte befindet, werden alle vier Oszillatoren mit gleichem Pegel ausgegeben. Bewegt man den Punkt verändern sich entsprechend die Pegelverhältnisse. Man kann einen Verlauf aufnehmen und die Abspielgeschwindigkeit anpassen. Die Abspielgeschwindigkeit lässt sich auch über Modulationsquellen, wie LFO oder Modulation Wheel, beeinflussen. Weitere Möglichkeiten sind Loopen des Verlaufs oder Wiederholen etc. 

04 osc analog waves

Die vier Oszillatoren sind alle identisch aufgebaut. Es lassen sich neben den klassischen Wellenformen auch Wellenformen anwählen, die über additive Synthese generiert sind oder spektrale Wellenformen sowie Samples, die in verschiedenen Gruppen zusammengefasst sind. Insgesamt lassen sich hier weit über 200 Wellenformen bzw. Samples anwählen. Da sollte es nicht langweilig werden. Über den Parameter OSC ROUTING lässt sich jeder Oszillator auf eines oder beide Filter oder direkt ausgeben, an die Effekt-Einheiten weiterleiten oder auch an andere Oszillatoren für eine FM-Modulation routen.

Weitere Parameter sind zum Beispiel DRIFT um Tonhöhenschwankungen zu simulieren oder SPREAD (nur bei den analogen Wellenformen) um mit einem Oszillator zwei in der Frequenz auseinanderliegende Oszillatoren zu simulieren. Auch Synchronisation der Oszillatoren ist möglich. Über die Regler PAN lassen sich auch schöne stereophone Sounds kreieren.  

Filter und Hüllkurven

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Die Filter-Sektion bietet zwei Filter, die sich parallel oder auch in Serie betreiben lassen. In der Filtersektion befindet für jedes Filter ein Hüllkurven-Generator. Wenn der Parameter FADE (Fade Time) in der Mitte steht, handelt es sich dabei um einen ADSR-Generator. Wenn FADE aber aktiviert wird, so erfolgt eine zweite Attack- oder Decay-Phase (je nachdem ob FADE über oder unter der Mitte eingestellt wird) nach der Sustain-Phase, wo der Pegel wieder bis zum Maximum ansteigt und erst dann die Release-Phase beginnt. Auch alle anderen Hüllkurven-Generatoren beim Vecto sind so aufgebaut.

06 filter modes

Die Anzahl der verfügbaren Filtermodi ist groß. Es stehen diverse Hochpass-, Tiefpass- und Bandpass-Filter sowie Notch-Filter mit Filtersteilheiten von 6 bis 32 dB zur Verfügung, sowie noch Spezialfilter wie Comp-Filter, Vocal-Filter und auch noch ein Ring-Modulator.

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Wie schon gesagt ist die Hüllkurve für den Amp, also dem Pegel, identisch (s. Abb. oben).

Effekte

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Der Vecto verfügt auch über zwei Effekteinheiten. FX 1 bietet dabei Chrorus-, Phaser- und Flanger- und andere ähnliche Effekte und FX 2 sowohl Delays als auch Reverbs. Bei FX 1 muss man sich für einen Effekt entscheiden aber bei FX 2 lassen sich Delay und Reverb auch gleichzeitig betreiben. Die Delay-Time des FX 2 lässt sich mit dem DAW-Play-Tempo synchronisieren.

Modulation

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Eine Modulation von diversen Parameter ist über eine Modulations-Routing-Tabelle möglich. Als Modulationsquellen stehen sowohl Pitch- und Mod-Wheel, als auch zwei LFOs sowie zwei weitere Hüllkurven-Generatoren zur Verfügung.

Keyboard-Modi und Arpeggiator

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In der Sektion PLAY MODE lässt sich der Stimmenmodus einstellen (monophon, polyphon, legato oder Arpeggiator) sowie der Portamento-Modus (Constant Rate, Constant Time, Held Rate, Held Time). Über CHORD und NOTE lassen sich Akkorde mit bis zu Tönen beim Betätigen einer Taste erzeugen. Mit CHORD wird dabei die Anzahl der Tasten und mit NOTE der Akkordtyp festgelegt.

 

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Beim Vecto ist, wie bei den meisten Synthesizer von Ron Papen, auch ein Arpeggiator vorhanden, der über übliche Arpeggiator-Funktion hinausgeht. So lassen sich bis zu 16 Schritte mit Velocity-Werten versehen. Einzelne Schritte lassen sich auch ausschalten. Natürlich sind auch die Standardparameter wie Laufrichtung (12 verschiedene Modi), Tonhöhenumfang (1 bis 4 Oktaven) und Geschwindigkeitsfaktor (1/4 bis x4, auch Triolen) einstellbar.

Praxis

Ich persönlich finde die Bedienung und Handhabung des Vecto sehr gelungen. Im Prinzip hat man es lediglich mit zwei Bedienseiten zu tun und zwar dem Preset-Manager und der Hauptseite auf der man direkten Zugriff zu allen Parametern hat. Die Bedienoberfläche ist sehr strukturiert und logisch aufgebaut. Man findet sich sehr schnell zu recht. Zusatzfunktionen werden über Anklicken mit der Maus aufgerufen, wo dann Sub-, bzw. Context-Menüs erscheinen.

Probleme oder Abstürze waren im Testzeiraum keine zu vermelden. Getestet haben wir wieder auf einer XI-Machines X2 Workstation unter Nuendo 10. Die Prozessor-Last de Plug-Ins ist relativ gering. So verzeichneten wir bei einer Grundlast von sieben Prozent lediglich acht Prozent nach Laden des Plug-Ins und bei üppigem polyphonen Spielen in den Spitzen gerade einmal einen Anstieg auf zehn Prozent. Auch die Speicherauslastung hält sich in Grenzen.

Der Vecto hat durch sein Vier-Oszillator-Konzept und seine Samples einen eigenen Charakter. Er ist definitiv keine Synth-Workstation die alle klanglichen Bedürfnisse abdeckt, sondern er setzt punktuelle Schwerpunkte, als da wären: Ambient/Pad-Sounds von fetten, analog Synthis bis hin zu Streicher-lastigen Klängen, die durch die XY-Matrix und Modulationen extrem lebendig klingen, dann Sounds mit diversen Stimmen/Chören, die mir besonders gut gefallen, sowie sehr komplexe Wavetable-artige Klänge und fette Bass-Sounds, sowie auch perkussive Sounds. Bei den Samples für die Oszillatoren sind auch häufig verschiedene Variationen eines Samples vorhanden. Also durchaus sehr vielseitig, aber eben kein Alle-Könner. 

Der Hammer sind die Presets und zwar nicht nur die Anzahl von ca. 1.200  sondern auch die Qualität der Presets und auch hier wieder die gut abgestimmten Variationen. Alleine schon das Potential auf Basis der Presets ist gewaltig. Aber auch das Erstellen eigener Sounds ist schnell, der strukturierten Bedienoberfläche sei Dank, erledigt. Was mir auch gut gefallen sind die Effekte des FX 1, die auch kräftig zuschlagen können sowie das Reverb des FX 2, das gut abgestimmt auf die Flächen-Synthi-Sounds ist.

Anwender in den Bereichen Ambient Music, Film Music Composing und generell in der elektronischen Pop-Musik dürften sich sehr vom Vecto angesprochen fühlen. Ein Sahnehäubchen ist sicherlich der Arpeggiator, der auch in Verbindung mit perkussiven Sounds interessante und rhythmisch komplexe Muster erzeugt.

12 prisma

An dieser Stelle möchte ich aber auch noch auf das für Rob Papen-Kunden kostenfreie Plug-In PRISMA aufmerksam machen (s. Abb. oben). Mit diesem Plug-In kann man mehrere Rob Papen Plug-Ins parallel ansprechen. Wenn man hier zum Beispiel einen perkussiven Sound mit Apeggiator mit Pad-Sounds kombiniert, bekommt man sehr interessante und komplexe Klänge. Das kann man natürlich auch auf mehreren Spuren in der DAW realisieren, aber der Clou beim PRISMA ist, dass sich hiermit auch mehrere Parameter, der bis zu vier eingebundenen virtuellen Instrumente, gleichzeitig mit vier virtuellen Controllern steuern lassen. Das sollte man als Nutzer der Rob Papen Instrumente unbedingt mal ausprobieren denn es lohnt sich.

13 eXplorer6

Wo wir auch gleich beim Thema sind denn Rob Papen bietet eine ganze Reihe von virtuellen Instrumenten an, die alle so ihre klanglichen Schwerpunkte haben. Diese werden alle zusammen im eXplorer 6 Bundle als Paket angeboten. In der Liste oben sieht man einmal, welche Plug-Ins bei der Version 6.1 eingeschlossen sind. Es kommen übrigens immer wieder virtuelle Instrumente hinzu.

Fazit

Der Listenpreis für den Vecto von Rob Papen liegt bei 99 Euro und der Preis für das eXplorer 6 Bundle bei unter 500 Euro. Der Preis für den Vecto ist auf jeden Fall angemessen und wenn man berücksichtigt, dass das eXplorer Bundle in der Version 6.1 immerhin 17 virtuelle Instrumente von Rob Papen umfasst, dann relativiert sich auch dieser Preis schnell.

Ich bin vom Vecto von Rob Papen total begeistert und kann alle Leser nur mal motivieren, sich auch mit den anderen virtuellen Instrumenten von Rob Papen zu beschäftigen. Wir werden dies auch tun und dies wird sicherlich nicht der letzte Test eines Synthesizers von Rob Papen sein.

www.robpapen.com