Warm Audio WA-2A

Autor: Holger Claßen
Fotos: Peter Kaminski

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Warm Audio ist eine amerikanische Firma, deren Produktpalette, neben einigen Neuentwicklungen, aus Neuauflagen alter Studioklassiker wie dem UREI 1176 oder dem Pultec EQP1A besteht. Seit einiger Zeit hat Warm Audio auch den Kompressor-Klassiker LA-2A in der adaptierten Version WA-2A im Programm. Der Erfolg des LA-2A ist legendär. Es gibt kaum ein professionelles Studio, das keinen LA-2A im Rack hat und so möchte Warm Audio mit dem WA-2A an den Erfolg des LA-2A anknüpfen.

Technik

Der WA-2A ist ein optischer Röhrenkompressor, dessen Schaltung und Aussehen an den Teletronix LA-2A angelehnt ist. Die Schaltung entspricht in weiten Teilen dem Vorbild, es sind also Komponenten wie Röhren oder die Optozelle austauschbar, in kleinen Details unterscheidet sich der WA-2A jedoch. Auf diese Unterschiede wird weiter unten eingegangen.

Der Teletronix LA-2A ist ein in den 1960ger Jahren gebauter Röhrenkompressor, der zur Steuerung des Kompressionsverhaltens einen Optokoppler nutzt. Dieser T4 (mit Index A, B oder C) genannte Optokoppler ist zur Montage in einem Oktalsockel vorgesehen. Die T4 können daher einfach ausgetauscht werden.

Der Vorteil der Lichtsteuerung eines Kompressors liegt in seinem in weiten Bereichen sehr weichen Kompressionsverhalten. Im Allgemeinen gibt es keine Kompressorsteuerung, die das Signal zeitlich so schön umhüllt wie ein Optokompressor.

Die Anzahl der Bedienelemente ist überschaubar. Der Peak-Reduction-Knopf regelt den Gain der Side Chain-Schaltung, der Output Level-Knopf regelt die Verstärkung des Aufholverstärkers.

Bedienung und Handhabung

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Im Gegensatz zum 3 HE-Original ist der WA-2A nur 2 HE hoch. Das Gehäuse ist mit Lüftungsschlitzen versehen. Warm Audio bittet über ein Hinweis auf dem Deckel um ausreichend Leerplatz über dem Gerät, da sonst die Gefahr eines Wärmestaus besteht. Während der Testphase war die Wärmeentwicklung freistehend recht moderat.

Die Frontplatte ist sehr stark an das Teletronix-Original angelehnt. Auf der rechten Seite befinden sich der Netzschalter sowie der Schalter für das VU-Meter. Die Meterfunktion kann zwischen Gain Reduction sowie Ausgangspegel geschaltet werden, beim Ausgangspegel kann zwischen 4 und 10 dBu als 0-VU-Referenz gewählt werden.

Links und rechts vom VU-Meter befinden sich die Potis für Output Gain und Peak Reduction. Beide Potis sind mit 41 Rastern versehen, so kann man eine bestimmte Einstellung später einfacher wiederfinden.

Auf der linken Seite befindet sich der Limit/Compress-Schalter. Dieser Schalter soll das Gerät von einer eher niedrigem Kompressionsverhältnis (1:4) zu einem höherem, bei einem Limiter üblichen hohem Ratio (1:100), schalten. In der Praxis ist in der „Limit-Stellung" die Pegelreduktion bei gleicher Peak-Reduction-Einstellung ein wenig höher. Ein Bypass ist, wie beim Original, nicht vorhanden.

Die Rückseite

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Rückseitig befinden sich die symmetrischen Ein- und Ausgangsanschlüsse, hier sowohl als XLR- wie auch als Klinkenbuchsen ausgeführt. Das lineare Netzteil ist international ausgelegt (110 V/230 V) und mittels eines Schiebeschalters entsprechend einstellbar. Es gibt einen Ground-Anschluss zum Anschluss des Gerätes an eine Studio-Erdung. Drei Potentiometer sind auf der Rückseite montiert: Meter Adjust, Pre Emphasis und Stereo Link. Meter Adjust erlaubt die akkurate Einstellung des Nullpunktes des G/R Meters. Pre Emphasis wird weiter unten beschrieben. Stereo Link erlaubt die stufenlose Side-Chain-Verknüpfung zweier WA-2A.

Die inneren Werte

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Im Gegensatz zum Original, das im Punkt-zu-Punkt-Verfahren gelötet wurde, besteht der WA-2A aus einer Hauptplatine, auf der die meisten Komponenten in Through-Hole-Technik gelötet sind. Die verbauten Komponenten sind durch die Bank hochwertig, z. B. sind alle Elektrolytkondensatoren Typen mit 105-Grad-Celsius-Spezifikation. Alle Röhren sind mit Alubechern gesichert und alle verbauten Trimmer sind mit einem Tupfer Lack versehen, so dass eine unbeabsichtigte Verstellung ausgeschlossen ist. Es fallen auf der Platine drei Dinge ins Auge: eine kleine, topmodern in SMD-Technik gefertigten Huckepack-Platine mit blauer LED, ein IC sowie eine leere Röhrenfassung.

Der Reihe nach: Bei der Huckepackplatine handelt es sich um eine Gleichspannungsregelung für die 6,3-Volt-Röhrenheizung. Das Original hatte eine Wechselstromheizung, die leider oft zu Netzbrummen führen kann. Der Operationsverstärker ist Teil eines Meter-Buffers. Dieser Buffer dient der Isolation des VU-Meters vom Audiopfad. VU Meter, die direkt in den Audiopfad gehängt werden, sorgen für eine signifikante Verzerrung des Audiosignals.

Der leere Röhrensockel ist zum alternativen Betrieb einer 6AQ5-Röhre gedacht. Die 6AQ5 Röhre der Originalschaltung wurde im WA-2A durch eine russische 6P1 ersetzt. Diese hat die selben Eigenschaften wie die originale 6AQ5 bei etwas besseren Spezifikationen (Herstellerangabe).

Die 6N1 hat eine andere Pin-Belegung als die 6AQ5. Um dem Besitzer eines WA-2A die Möglichkeit zu geben, eine originale 6AQ5 zu benutzen, wurde ein extra Sockel für diese Röhre auf der Platine verbaut. Man kann also, wenn man über eine 6AQ5 verfügt, diese in den freien Sockel stecken (6N1 muss dann gezogen werden), um den Kompressor etwas näher an das Original zu bringen.

Der Netztrafo ist mit einem U-förmigen Stahlblech abgeschirmt. Diese Abschirmung sowie der Einsatz einer Gleichstromröhrenheizung sorgen u. a. für den geringen Noise Floor von -84 dBu (von uns gemessen, terminiert mit 600 Ohm). Dieser Wert ist für ein Röhrengerät wirklich gut. Die Ein- und Ausgangsübertrager sind vom amerikanischen Hersteller Cinemag, der in Fachkreisen eine hohe Reputation genießt.

Der Optokoppler

Die Seele des Regelverhaltens ist die T4-Optozelle. Prinzipiell sind in diesem Bauteil zwei Elemente verbaut, ein lichtgebendes Element sowie in lichtempfindliches Element, dass mit einer Cadmiumsulfid-Schicht versehen ist. Das lichtgebende Element wird mit dem Eingangssignal gespeist. Die erzeugte Lichtmenge ist proportional zur Amplitude des Eingangssignals. Die Resistivität des lichtempfindlichen Widerstands (LDR, Light Dependent Resistor) nimmt mit zunehmendem Lichteinfall ab. Aus diesem Prinzip lässt sich eine prima Kompressorsteuerung entwickeln.

In einem Optokoppler ist die Sender/Empfängerkombo doppelt vorhanden, ein System steuert den Kompressor, das andere System das Gain Reduction Meter. Wenn beide Systeme sich ähnlich verhalten, gibt das GR-Meter das Kompressionsverhalten gut wieder.

Die Im Teletronix verbauten T4-Zellen werden, je nach Bauart und damit Herstellungsperiode, mit den Indizes A, B und C versehen. Die gebräuchlichste Ausführung ist die T4B-Zelle. Es gibt nicht viele Hersteller dieser recht speziellen Bauteile, die im WA-2A verbauten T4B der Firma Kenetek haben in der Audiogemeinde einen guten Ruf und sollen den alten T4 recht nahe kommen. Die Optozelle steckt in einem Oktalsockel und kann damit einfach ausgetauscht werden. Kenetek selber bietet schnelle und langsamere Typen an, der Kompressor kann also relativ einfach in seinem Verhalten durch Austausch der Optozelle verändert werden.

Das Zeitverhalten des LA-2A wird in etwa wie folgt angegeben: Attack 10 ms, Release ungefähr 50 ms für 50 % der Kompression, dann 0,5 bis 5 s für den Rest. Dieses Verhalten ist abhängig vom vorherigen Programmmaterial. Das bedeutet zeitlich, dass der Kompressor im Ausschwingverhalten leicht „vorgespannt“ über den zweiten Teil des Release-Zeitraumes ist. Folgt auf eine Signalspitze zügig eine weitere Signalspitze, so ist die Gain Reduction noch leicht aktiv. Der Kompressor arbeitet also wirklich programmabhängig.

Der relativ lange Zeitraum des zweiten Teiles des Release-Verhaltens - das  „wanderdünenartige“ Verhalten - kann man am GR-Meter gut beobachten. Der Auschlag des Meters braucht eine gefühlte Ewigkeit, um wieder auf den Nullpunkt zurück zu kehren. Beim Einstellen des Meter-Nullpunktes sollte man dies berücksichtigen.

Praxis

Der Frequenzgang (ohne Kompression gemessen) des Gerätes ist sehr linear. Wir haben diese gemessen und bei jeweils 20 Hz sowie 20 kHz ergibt sich ein Wert von -1,5 dB. Der WA-2A verfügt über ein Preemphasis-Potentiometer. Die Preemphasis ist stufenlos von Standard (Rechtsanschlag) bis unbeschriftet (Linksanschlag) regelbar.

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In der Praxis bedeutet dieses für das Kompressionsverhalten folgendes: Wenn man einen 1-kHz-Ton in den Kompressor gibt, eine Pegelreduktion von 3 dB einstellt und dann bei gleichem Pegel die Testtonfrequenzen ändert, ergibt sich oben dargestelltes Verhalten.

Auffallend ist hier, dasS die Sensitivität für mittlere und hohe Frequenzen wesentlich ausgeprägter ist als die Empfindlichkeit für tiefe Frequenzen. In der „Nicht-Standard“ -(Potenziometer ganz nach links, hier grün) Einstellung werden Bässe eigentlich gar nicht komprimiert. Dafür „grätscht“ der WA-2A in den (oberen) Mitten ziemlich in das Signal, immer bezogen auf das Verhalten bei 1 kHz. Dieses nichtlineare Verhalten ab ca. 1 kHz wird später noch bewertet. Ich hatte die Gelegenheit, einen originalen LA-2A aus den 1960ger Jahren zum Vergleich heranzuziehen. Das Vergleichsgerät war noch mit einer T4A-Optozelle ausgestattet, welche später durch T4B-Typen ersetzt wurden.

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Hier das frequenzabhängige Kompressionsverhalten des WA-2A verglichen mit einem LA-2A. Auffallend ist, dass der LA-2A die tiefen Frequenzen stärker komprimiert als der WA-2A. Des Weiteren ist das Kompressionsverhalten des LA-2A ab 1 kHz wesentlich gerader. Man kann dieses auch sofort hören, ein Bläsersatz z. B. wird vom WA-2A wesentlich stärker komprimiert als vom LA-2A (immer bezogen auf gleiche Pegelreduktion bei 1 kHz).

Interessant ist, dass der Austausch der Optozellen keinen großen Unterschied im Kompressionsverhalten bewirkte, die Kurve war etwas flacher, das Verhalten änderte sich grundsätzlich aber nicht. Der Unterschied im frequenzabhängigen Kompressionsverhalten der beiden Geräte muss also im Sidechain-Aufbau zu suchen sein. Ein Schaltplan lag mir nicht vor. Ich selber konnte und wollte kein Reverse-Engineering betreiben, dieses würde den Rahmen des Tests sprengen.

Das Meter zeigt die Gain Reduction nicht sehr akkurat an, bei den Tests wurden 3 dB Pegelreduktion als nicht einmal 2 dB angezeigt, dieses trotz perfekt eingestelltem Nullpunkt. Wenn man ein Testsignal von 4 dBu in das Gerät gibt und den Ausgang auf 4 dBu einstellt, erhält man einen THD+N Wert von 0,011 %. Bei 10 dBu Eingangssignal erhöht sich der THD+N Wert auf 0,034 %. Das ist alles sehr moderat. Bei 10 dB interner Verstärkung (4 dBu Eingangsignal, 14 dBu Ausgang) erhält man einen THD+N Wert von 0,137 %. Die maximale Verstärkung habe ich mit etwa 33 dB gemessen.

Hörvergleich

Das Testgerät wurde gegen den im Hamburger HOME Studio stehenden LA-2A probegehört, hier sei Franz Plasa noch einmal gedankt. Verblüffend war die Ähnlichkeit des Klangeindruckes ohne Kompression, also als Line Amp. Wir hatten nur graduelle Unterschiede im Klang bemerkt, was für den WA-2A spricht.

Etwas anders war der Eindruck bei verschiedenen Audiosignalen. Bei Männerstimmen war der Klangeindruck ähnlich zum LA-2A, auch bei Instrumenten schlug sich der WA-2A durchaus wacker gegen das Original. Bei weiblichen Gesangsstimmen war aber die hohe Sensitivität im (oberen) Mittenbereich deutlich zu bemerken. Diese Gesangsstimmen waren deutlich „enger“, der Kompressor packte hier stärker zu.

Die recht hohe Sensitivität für Frequenzen über 500 Hz würde ich ein wenig problematisch sehen. Andere von mir zum Vergleich gemessen Optokompressoren haben, wie auch das Original, ab 500 Hz eine recht lineare Sensitivität. Beim Vergleichshören wurde die Standard-Preemphasis-Einstellung genommen.

Vom Zeitverhalten ist der WA-2A vielleicht ein bisschen schneller im Attack als der LA-2A, das Release-Verhalten schien deutlich schneller zu sein. Den wunderbar langsamen zweistufigen Release-Verlauf des Originals weist der WA-2A nicht in gleichem Maße auf.

Hören ist immer eine subjektive Angelegenheit. Wir hatten hier die Möglichkeit des Vergleichs mit einem Original. Ohne Vergleichshören wäre der Eindruck wohl noch wesentlich positiver ausgefallen. Der WA-2A hat sich hier tapfer gegen einen heute nicht mehr erhältlichen und zudem wesentlich teureren Kompressor geschlagen.

Fazit

Der WA-2A ist ein guter Röhrenkompressor. Das Preis-Leistungsverhältnis ist bei einem Straßenpreis von ca. 1.100 Euro gut. Die Modifikationen wie Gleichstrom-Röhrenheizung sowie Meter-Buffer sind echte Verbesserungen zum Original. Der WA-2A hat für ein Röhrengerät einen wirklich niedrigen Noise Floor. Auch ist die Leerfassung zur alternativen Nutzung einer 6AQ5-Röhre positiv zu vermerken.

Warm Audio ist eine wirklich gute Adaption des Originals gelungen. Generell ist über die Nützlichkeit von rückwärtig angebrachten Einstellknöpfen nicht mehr viel zu sagen, bei eingebautem Gerät sind diese nur schwer zu erreichen und damit von sehr beschränktem Nutzen.

Der Warm Audio WA-2A ist einer der letzten innerhalb der EU erhältlichen Optokompressoren. Laut dem deutschen Vertrieb hat Warm Audio alles getan, um den strikten ROHS-Richtlinien (Restriction of Hazardous Substances, in diesem Fall die Verwendung von Cadmium in der Optozelle) der EU Genüge zu tun.

Wer nach einem preisgünstigen optischen Röhrenkompressor nach legendärem Vorbild sucht, sollte den WA-2A unbedingt antesten.

www.warmaudio.com
www.megaaudio.com