Tascam FR-AV2
Recorder für AV-Applikationen mit Timecode
Autor und Fotos: Peter Kaminski
Tascam bietet ja ein umfangreiches Sortiment an Recordern, einige davon speziell für den Audio/Video-Bereich. Wir haben ja auch schon den Tascam DR-10L Pro 32 Bit-Float Kompakt-Recorder getestet. Mit dem FR-AV2 bietet Tascam nun einen größeren Zweispur-Recorder für den AV-Bereich an, der aber auch im Systemverbund mit dem DR-10L Pro betrieben werden kann.
Technische Daten und Anschlüsse
Der Recorder ist mit einer Größe von 99 x 80 x 40 mm und einem Gewicht von 195 Gramm (ohne Batterien) sehr kompakt. Das Gehäuse ist aus Kunststoff, was auch das geringe Gewicht erklärt.
Betrieben wird der Recorder über drei AA-Batteriezellen (Alkali-Batterien, NiMH-Akkus oder Lithium-Batterien), die unter einer Abdeckung eingesetzt werden können. Auch ein Betrieb über USB-Spannungsversorgung ist möglich und ein externes Netzteil ist optional erhältlich (PS-P520U).
Schauen wir uns nun die Ein- und Ausgänge genauer an. Dann wird das Konzept des Recorders auch schon schnell deutlich. Auf der linken Geräteseite befinden sich die beiden Audio-Eingänge, ausgeführt als XLR/Klinkenstecker-Kombi-Buchse. Auch mit 6,3-mm-Klinkenstecker ist eine symmetrische Beschaltung möglich. Das äquivalenten Eingangsrauschen liegt bei -127 dBu. Die Eingänge lassen sich sowohl auf Mikrofon- (max. +4 dBu) als auch auf Line-Pegel (max. +24 dBu) umschalten. Phantomspeisung, die zwischen 24 und 48 Volt umschaltbar ist, funktioniert ausschließlich über die XLR-Buchse. Abtastraten sind bis 192 kHz möglich mit linear PSM 24 Bit oder 32 Bit Float. Die 32 Bit Float erreicht man durch den Einsatz von zwei A/D-Wandlern und der Dynbamikbereich beträgt dabei mehr als 132 dB (A-bewertet). Bei 48 kHz beträgt der Übertragungsbereich 20 Hz bis 20 kHz (+0/-0,5 dB), bei 96 kHz 20 Hz bis 40 kHz (+0,5/-1 dB) und bei 192 kHz 20 Hz bis 60 kHz (+0,5/-3 dB).
Auf der vorderen Geräteseite befinden sich weitere Anschlüsse: Ein Kameraton-Eingang, bzw. Timecode-Eingang und ein Kameraton-Ausgang, bzw. Timecode-Ausgang und dann noch eine Buchse für den Anschluss eines Kopfhörers. Der Kopfhörerverstärker bietet 2 x 50 mW bei 32 Ohm Impedanz und ein Anschlussimpedanz-Bereich von 16 bis 400 Ohm. Alle Buchsen sind als 3,5-mm-Mini-Stereo-Klinckenbuchse ausgelegt. Der Kopfhörerpegel lässt sich über die Tastenwippe einstellen. Das Format beim Timecode-Ein und Ausgang entspricht SMPTE ST 12-1 mit Frameraten bis 60 fps (auch DropFrame) wobei ab 50 fps mit Timecode mit halber Framerate genutzt wird.
Auf der rechten Seite befindet sich der USB-2.0-Anschluss. Der ermöglicht übrigens nicht nur die zweikanalige Ausgabe sondern auch die digitale Zuführung von Audio via USB mit Abtastraten von 48 und 96 kHz und Wortbreiten von 24 Bit oder 32-Bit-Float. Unten ist der Ein/Ausschalter für den Recorder und hinter einer Gummiabdeckung befindet sich der Mikro-SD-Kartenschacht.
Als SD-Karten lassen sich Standard microSD (64 MB bis 2 GB, microSDHC (4 bis 32 GB) und auch microSDXC (48 bis 512 GB) einsetzen. Es gibt eine Liste als PDF von getesteten Medien von SanDisk, Lexar und Kloxia mit Kapazitäten von bis zu 512 GB. Unsere SanDisk die nicht auf der Liste standen haben alle auch einwandfrei funktioniert.
Ein ganz zentraler Punkt ist die Bluetooth-Fähigkeit des FR-AV2. Hier kommt ein anderes-Bluetooth-Modul zum Einsatz als beim DR-10L Pro - nämlich das Tascam AK-BT2, welches bei Bedarf optional dazugekauft werden muss. Der Adapter ermöglicht sowohl die Fernsteuerung als auch die Audioübertragung zu Monitorzwecken zu einem Bluetooth-fähigen Gerät.
Bedienung
Nun zu der Bedienung über die Gerätefront. Verbaut ist hier ein Farb-Display (42 x 30 mm). Darunter sind vier Funktionstasten angeordnet, deren aktuelle Funktion auf dem Display angezeigt wird. Weiter gibt es vier Transport-Tasten für Paus/Play, Stopp und schneller Vor-/Rücklauf und eine Taste für den Aufnahmestart. Die Aufnahme wir mit der Stopp/Home-Taste abgeschlossen.
Im Hauptmenü hat der Anwender die Möglichkeit über die vier Funktionstasten das Globale Menü, einen Datei-Browser sowie eine Input- und eine Output-Konfigurationsseite aufzurufen.
Über das globale Menü gibt es Dialogseiten für die Einstellung der Aufnahmeparameter (Abtastrate 48, 96 oder 192 kHz, Wortbreite, Pre-Recording etc.), für die Ein- und Ausgänge, für Bluetooth, Timecode, System-relevante Dinge sowie ein Dialog für Sonstiges. Hier lässt sich auch ein Auto-Slate-Ton aktivieren und man kann den Slate-Ton-Pegel anpassen.
Über die I/O-Settings ist auch ein Dekodieren eines MS-Audiosignals möglich.
Über den INPUT-Dialog lässt sich der Aufnahmepegel anpassen und es ist auch eine Pegel-Verknüpfung der Kanäle möglich (GANG), man kann den Eingang, bzw. die Quelle auswählen (Mic, Line oder extern sowie USB), Stereo/Mono anwählen und die Phantomspeisung für jeden Kanal individuell aktivieren.
Darüber hinaus gibt es für jeden Eingangskanal ein Delay (bis 300 ms in 1-ms-Schritten), Lowcut (aus, 40, 80, 120, 220 Hz), Dynamics (Limiter oder Kompressor), Equalizer (Hoch/Tiefpass sowie zwei vollparametrische Bänder im manuellen Modus sowie Presets für Sprache und Musik). Noise Gate, Phasenumkehrung und ggf. eine MS-Breiteneinstellung. Die Eingangskonfiguration lässt sich auch speichern und wieder laden.
Auch beim OUTPUT-Dialog lässt sich der Pegel einstellen und die Pegeleinstellungen verknüpfen, den Pegelbereich wählen (Line/Kamera), zwischen Mono und Stereo umschalten sowie, auch hier ein Limiter und ein Delay zuschalten.
REC CONNECT App
Besonders interessant ist die REC CONNECT App für Apple- (ab iOS 16/iPadOS 16) und Android-Geräte (ab Version 12).
Es lassen sich hier mehrere kompatible Geräte gleichzeitig verbinden. Hier im Beispiel (s. Abb. oben) ein FR-AV2 und ein DR-10L Pro. Die Verbindungaufnahme erfolgt dabei direkt über die App und man muss nicht in die Bluetooth-Konfiguration des Smart-Phone- oder Tablet-Betriebssystems gehen.
Über den Record-Button im unteren Bereich lässt sich die Aufnahme auch auf allen verbundenen Geräten gleichzeitig starten. In der App erscheint es so als wenn der Aufnahmestart bei den Geräten versetzt erfolgt aber der Start ist absolut synchron.
Wenn man auf das Zahnrad-Symbol im Hauptbildschirm der App klickt geht ein Konfigurationsdialog für die App selbst auf (s. Abb. oben).
Hier (s. Abb. oben) ein Blick auf den Übersichtsbildschirm des in der App selektierten FR-AV2 mit Meter und Amplitudenverlauf.
Mit einem Klick auf das Zahnrad-Symbol geht das Konfigurationsmenü mit den verschiedenen Dialogen auf. Hier als erstes die Parameter für die Aufnahme wie Abtastrate, Wortbreite Record-Pause-Modus und Pre-Recording-Funktion.
In den I/O Settings kann man die Phantomspannung umschalten und den MS-Dekoder aktivieren und die Stereobreite einstellen.
Bei Bluetooth lässt sich die Audio Monitoring Qualität in drei Stufen einstellen (Prime, Standard, Stable). Neben den üblichen Parametern im Menü für den Timecode kann man auch die Synchronisation mit Atomos-Produkten via Bluetooth aktivieren und eine Verbindung zu einem Atomos-Gerät auf- oder abbauen.
Auf der OTHER THINGS Dialog-Seite kann man Einstellungen speichern und laden sowie auch den Slave-Tone aktivieren und im Pegel anpassen.
Über die Seite SYSTEM lässt sich das Dateinamen-Format konfigurieren, die SD-Karte formatieren sowie die Systeminformationen abrufen.
Praxis
Bei Dauer-Aufnahmebetrieb mit Phantomspeisung und 32-Bit-Float/48 kHz reicht es mit normalen Alkali-Batterien immerhin zu ca. 4 1/2 Stunden und ohne Phantomspeisung sogar Doppel so lange. Beim Betrieb mit Lithium-Batterien erhöht sich die Laufzeit beim Dauerbetrieb um mehr als das Doppelte.
Die Audioqualität und die vielen Bearbeitungsmöglichkeiten des FR-AV2 sind den Möglichkeiten die man bei professionellen Kameras vorfindet deutlich überlegen. Die meisten videofähigen DSLR- und spiegellose Fotokameras bieten mittlerweile eine exzellente Videoqualität, aber was den Ton angeht sind diese meistens nicht besonders üppig ausgestattet.
XLR-Anschlüsse sucht man hier vergebens, wie zum Beispiel bei der in diesem Test unter anderem eingesetzten Nikon Z50II. Dazu kommt auch noch das 32-Bit-Float-Format, womit man quasi alle Übersteuerungs-Problematiken gelöst hat. Die Synchronisationsmöglichkeiten mit Timecode und die gemeinsame Fernsteuerung mit noch parallel eingesetzten DR-10L Pro machen das Ganze dann zu einem perfekten Rundumsystem ohne die Notwendigkeit Drahtlosstrecken nutzen zu müssen. Wir haben den DR-10L selbst seit dem Test im Einsatz und Audioqualität und Zuverlässigkeit ist auf sehr hohem Niveau, genau wie beim FR-AV2, wo aber die Möglichkeiten der internen Audionachbearbeitung noch zusätzlich gegeben sind.
Hier noch ein paar Anmerkungen zu Befestigung des Recorders. Unter dem Recorder befindet sich ein Standardkameragewinde. So gibt es ja diverse Möglichkeiten über Adapter oder Gelenke den Recorder an der Kamera, Kamerarahmen oder am Stativ zu befestigen. Für die Befestigung auf dem Blitzschuh einer Foto-/Videokamera eignet sich zum Beispiel sehr gut der Adapter 2905B von SmallRig (s. Abb. oben), bei dem sich der Neigewinkel einstellen lässt. Wenn man ein Käfig von SmallRig an der Kamera montiert hat, dann kann man den Recorder über den SmallRig-Adapter 2903B auch direkt am Käfig montieren.
Fazit
Der FR-AV2 kostet ca. 400 Euro und der Bluetooth-Adapter AK-BT2 ca. 60 Euro. Die Nachrüstung einer spiegellosen oder DSLR-Kamera für Videoaufnahmen ist für diesen Preis und der hohen Audioqualität absolut empfehlenswert. Tascam stößt mit dem FR-AV2 wieder mal in eine Marktlücke. Mit dem FR-AV2 ist man, besonders mit zusätzlichen DR-10L Pro in Verbindung mit der REC CONNECT App, für die verschiedensten Aufnahmeszenarien gerüstet. Toll auch die Bluetooth-Audiomonitoring-Möglichkeit, Zusammenarbeit mit Atomos-Videorecordern und überhaupt die Timecode-Funktionalität. Mit dem FR-AV2 wertet man Kamerasysteme deutlich auf und bewegt sich dann auf professionellen Niveau.
Übrigens haben wir zum FR-AV2 auch ein Video auf proaudio.tv verfügbar.