Sony ECM-778

kompaktes Richtrohrmikrofon

Autor und Fotos: Peter Kaminski

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Sony bietet in der ECM-Serie eine ganze Reihe von Elektret-Kondensator-Shotgun-Mikrofone an wie das ECM-678, das kürzere ECM-673 oder das Stereo-Shotgun-Mikrofon ECM-680S. Im Juni 2025 stellte Sony nun das ECM-778 vor, welches wir schon einige Wochen vor der offiziellen Präsentation ausführlich testen konnten.

Konzept und Technik

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Bei Shotgun-Mikrofonen kommen ja Mikrofonkapseln nach dem Druckgradienten-Empfänger-Prinzip mit einem Interferenzrohr zum Einsatz. Mit dem Interferenzrohr mit Öffnungen an der Seite wird die Richtwirkung durch Auslöschungen von seitlichen Schallanteilen über Laufzeiten erhöht. Klingt erst mal simpel aber in der Praxis ist die gesamte Abstimmung nicht so einfach, da der Grad der Auslöschung nicht für jeden Winkel und jede Frequenz gleich ist. Wesentlich entscheidend für die Richtwirkung ist dabei die Länge des Interferenzrohres aber auch eben die technische Konzeption und Abstimmung. Hier haben die Entwickler durchaus große Möglichkeiten Einfluss auf die Richtwirkung aber auch auf den Klang zu nehmen.

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Das ECM-778 hat einen Durchmesser von 20 mm und eine Länge von 176 mm (Gewicht 102 Gramm) und das Aluminium-Metallgehäuse ist schwarz lackiert. Das ECM-678 ist übrigens mit 250 mm deutlich länger. Als Kapsel wird eine Elektretkapsel eingesetzt. Betrieben wird das Mikrofon mit einer Phantomspeisung mit einem Betriebsbereich von 44 bis 52 Volt, wobei der Betriebsstrom maximal bei moderaten 4 mA liegt.

Nun kommen wir zur ersten Besonderheit gegenüber anderen Shotgun-Mikrofonen aber auch gegenüber dem ECM-678: Der Frequenzgang wird vom Hersteller mit 40 Hz bis 40 kHz angegeben. Sony hat ja eine ganze Reihe der sogenannten High-Resolution-Mikrofone mit erweitertem Frequenzumfang im Programm, wie zum Beispiel das Studiomikrofon C-100 oder wie die Instrumentenmikrofone EMC-100N und ECM-100U, die dann auch mit dem "Hi-Res AUDIO" Logo von Sony versehen sind.  

Die Mikrofon-Empfindlichkeit gibt Sony mit -31 dB (bez. auf 1 V/Pa bei 1 kHz) an und den Signal-/Rauschabstand mit 78 dB (bei 1 kHz, A-gewichtet), den Dynamikumfang mit 117 dB und den maximalen Schalldruck mit 133 dB SPL (1 % THD @ 1 kHz). Der Ausgang ist symmetrisch und das Audiosignal wird über eine XLR-3-Buchse bereitgestellt. Die nominale Ausgangsimpedanz beträgt 40 Ohm.

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Auf der Oberseite gibt es einen Schalter für die Zuschaltung eines Hochpassfilters. Auf eine schaltbare Vordämpfung hat man wohl wegen dem hohen Dynamikumfang verzichtet.

Lieferumfang

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Geliefert wird das Sony ECM-778 in einem Kunststoffkoffer mit reichlich Zubehör.

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Neben dem Mikrofon selbst liegt ein XLR-M/XLR-F-Kabel (eingesteckt ca. 50 cm Länge) bei sowie ein aufschiebbarer Schaumstoff- und ein Fell-Windschutz.

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Auch eine Mikrofonhalterung aus Kunststoff sowie zwei Adaptern (SAD-34 und SAD-35) für die verschiedenen Stativgewinde-Durchmesser (1/4" und 3/8") und ein geformter Einsatz für eine elastische Befestigung sowie eine Gummidistanz-Folie mit selbstklebender Rückseite liegt noch bei.

Praxis

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Das ECM-778 ist für ein Richtmikrofon sehr kompakt aber es passt trotzdem sehr gut mit aufgesetztem Windschutz in die üblichen elastischen Halter für den Betrieb an einer Reportage-Kamera (s. Abb. oben | Sony Z150 mit Rycote Softie Lyre Mount). Das Mikrofon selbst macht einen sehr robusten Eindruck. Bei den Adaptern für die verschiedenen Mikrofongewinde-Größen hätten wir uns statt den Plastikadaptern lieber Adapter aus Metall gewünscht.  

Nun zum Klang. Wir haben einige andere Richtrohrmikrofone mit dem Sony ECM-778 verglichen. Bei Mikrofonen mit ähnlicher oder leicht größerer Länge war beim ECM-778 weniger Raumanteil zu hören und die wahrgenommene Distanz war näher. Wir haben dabei Distanzen zur Schallquelle mit bis zu drei Meter Abstand getestet. Auffällig ist dabei, dass der Klang des ECM-778 ausgewogener war, was besonders im Bassbereich hörbar war. Eigentlich unfair aber wir haben auch mal eine Vergleichsaufnahme mit einem Shotgun-Mikrofon mit einer Länge von 395 mm durchgeführt - also mehr als doppelt so lang wie das ECM-778. Der Hallanteil war beim ECM-778 etwas größer aber bei weitem nicht so hoch wie erwartet und der Klangeindruck war bei dem ECM778 sogar im Bassbereich besser. Ein fast 40 cm langes Richtrohr lässt sich an einer Kamera nicht so einfach problemfrei montieren und da würde man dem ECM-778 sicherlich den Vorzug geben.

Noch zum Thema High-Resolution. Die praktische Bedeutung des erweiterten Frequenzumfangs ist etwas umstritten, aber wenn man schon mit 96 kHz Abtastrate aufnimmt, dann sollte man auch entsprechende Mikrofone nutzen die einen erweiterten Frequenzbereich auch unterstützen. Klar ist auf jeden Fall aus physikalischer Sicht, dass die Abbildung von Transienten in Bezug auf die Anstiegszeiten bei einem großen Übertragungsbereich präziser ist.

Fazit

Der Preis des ECM-778 beträgt 1.100 Euro. Es ist den Entwicklern des Sony ECM-778 gelungen, ein für diese hohe Richtwirkung ein sehr kompaktes Richtmikrofon zu konzipieren und dabei auch noch einen für Richtrohrmikrofone nicht so selbstverständlichen, ausgewogenen Klang zu gewährleisten. Besonders in Verbindung bei Aufnahmen mit Hintergrundmusik werden hier die Unterschiede zu vielen anderen Richtrohrmikrofonen sehr deutlich. Man kann dem Mikrofon eine sehr detailgetreue Abbildung von Transienten bescheinigen. Ein wirklich sehr interessantes Mikrofon für den Einsatz im Reportage-Bereich oder beim Location-Recording.

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