sE Electronics sE7 und sE7 sideFire
Kleinmembran-Kondensatormikrofon mit unterschiedlichen Kapselanordnungen
Autor: Christian Boche | Fotos: Peter Kaminski u. Christian Boche (2)
sE Electronics hat sich in letzter Zeit stark um innovative Mikrofonlösungen für vielseitige Aufnahmesituationen gekümmert. Mit der sE7-Serie ist hier schon eine erfolgreiche Kleinmembran-Kondensator-Familie erhältlich, die flexibel einsetzbar ist. Dem stellt der Hersteller nun mit dem sE7 sideFire eine Variante mit seitlicher Kapselanordnung zur Seite, die sich durch ihre besondere Bauweise für spezielle Applikationen eignet. Wir hatten die Gelegenheit die Stereo-Sets beider Varianten zu testen.
Konzept
Das klassische sE7 verfügt über die bewährte frontale Kapselanordnung mit Nierencharakteristik. Die Back-Elektret-Kondensator-Kapsel ist axial ausgerichtet, was die traditionelle Einsprechrichtung von vorne ermöglicht. Diese Anordnung eignet sich ideal für Standard-Mikrofonierungen wie Instrumentenabnahme, Gesangsaufnahmen und klassische Stereo-Techniken.
Die seitliche Kapselanordnung des sideFire (s. Abb. oben) nutzt dieselbe Back-Elektret-Kondensator-Kapsel wie das Standard-Modell, jedoch um 90 Grad gedreht. Die Richtcharakteristik bleibt eine Niere, aber durch die seitliche Einsprechrichtung eröffnen sich völlig neue Positionierungsmöglichkeiten.
Die Mikrofone werden sowohl einzeln als auch als Stereo-Set, bestehend aus zwei werkseitig aufeinander abgestimmten Mikrofonen, angeboten. Beide sE7 Varianten sind mit derselben Back-Elektret-Kondensator-Kapsel ausgestattet. Die Richtcharakteristik ist eine Niere. Die Verstärkung erfolgt über eine Übertrager-lose Elektronik.
Durch zwei Schiebeschalter lassen sich die sE7 Kandidaten flexibel an den Einsatzzweck anzupassen. Bei Bedarf lässt sich über einen versenkten Schalter ein Low-Cut Filter bei 80 Hz aktivieren. Mit 6 dB/Oktave fällt dessen Flankensteilheit allerdings sehr moderat aus. Ebenfalls schaltbar ist eine Vorpegeldämpfung (PAD), welche eine Abschwächung von -20 dB erzeugt. Dadurch sollen sich die sE7 Mikrofone auch an sehr lauten Quellen verwenden lassen. Diese Funktionen ermöglichen es dem Anwender schnell und unproblematisch bei verschiedenen Anwendungen zu angemessen reagieren zu könne. Für die überwiegenden Einsatzzwecke sei es als Instrumentalmikrofon, zur Aufzeichnung akustischer Instrumente oder als Stereo-Overhead, dürften die Grundeinstellungen die richtige Wahl sein.
Ausführung und Technische Daten
Die sE7 Mikrofone verfügt über ein hochwertiges, schwarzes Metallgehäuse, das penibel verarbeitet ist. Im hinteren Teil sitzt die XLR-Anschlussbuchse mit vergoldeten Kontakten. Das Schutzgitter der seitlich angeordneten Kapsel ist aus feinmaschigem Metall und macht einen stabilen Eindruck. Die Mikrofonklemme sitzt fest am Gehäuse und bietet sicheren Halt. Das Gehäuse ist robust verarbeitet und sollte auch mit rauen Tour-Bedingungen auf Dauer keine Probleme haben.
Die Länge des sE7 sideFire beträgt 130 mm bei einem Durchmesser von 22 mm. Das Gewicht liegt bei 163 Gramm pro Mikrofon. Die se7 Standard Variante ist mit einer Länge von 120 mm und einem Gewicht von 128 Gramm etwas leichter und kompakter. Im Lieferumfang befinden sich neben der Bedienungsanleitung eine Mikrofonklemmen mit Reduziergewinde und ein Schaumstoff-Windschutz. Bei den Stereo-Sets entsprechend auch mit doppeltem Zubehör.
Der Hersteller gibt den Übertragungsbereich mit 20 Hz bis 20 kHz an. Der Frequenzgang verläuft laut Frequenzschrieb weitgehend linear mit einer leichten Anhebung im oberen Mittenbereich um 8 kHz, die für Präsenz und Detailreichtum sorgen dürfte. Der Grenzschalldruck ist mit stattlichen 156 dB SPL angegeben (mit aktiviertem Pad-Schalter). Die Empfindlichkeit beträgt laut Datenblatt 19 mV/Pa (-34,5 dBV). Die Impedanz beträgt 200 Ohm.
Beide Varianten überzeugen mit hochwertigem, schwarzem Metallgehäuse und penibel sauberer Verarbeitung. Die XLR-Anschlussbuchsen verfügen über vergoldete Kontakte, die Schutzgitter sind aus feinmaschigem Metall gefertigt.
Besonders hervorzuheben sind die beiliegenden Mikrofonklemmen beider Sets: Sie kommen nicht nur mit passenden Reduziergewinden für Mikrofonstative, sondern halten die Mikrofone bombenfest. Vibrationen oder wilde Transporte auf Festival-Roll-Risern beeinflussen die Standfestigkeit nicht.
Overhead-Aufnahmen am Schlagzeug
Bei klassischen Overhead-Positionen zeigt das Standard sE7 seine Stärken in der gewohnten Mikrofonierung. Die frontale Ausrichtung erlaubt eine präzise Positionierung über dem Kit mit direkter Schallaufnahme.
Die sE7 sideFire Variante bietet am Drumset ebenfalls in interessante Optionen. Durch die seitliche Kapselanordnung lassen sich die Mikrofone auch in beengten Verhältnissen optimal positionieren. Beim Mix eines Support Acts auf einer lokalen Bühne ermöglichte die ungewöhnliche Kapselausrichtung interessante Positionierungsmöglichkeiten.
Die Neutraleinstellung lieferte bereits sehr gute Ergebnisse mit ausgewogener Abbildung. Die schnelle Transienten-Response erfasst Attack-Phasen der Becken präzise. Als Mischpult kam ein Behringer WING Compact zum Einsatz. Den verbauten PAD-Schalter habe ich für diesen Einsatz nicht benötigt. Dieser wird vermutlich nur bei einer nahen Mikrofonierung von sehr lauten Schallquellen (z.B. Rock-Snare) notwendig.
Chor-Abnahme
Im Testzeitraum kam unverhofft noch ein Auftrag für eine Chorbeschallung rein. Insgesamt sieben Chöre galt es abzunehmen, was ich mit den beiden Stereo-Sets abdecken konnte. An dem Tag war es sehr windig, so dass die beiliegenden Windschutze ebenfalls zum Einsatz kamen. Mit den angebrachten Windschutzen lässt sich bei der sideFire-Variante allerdings nicht auf Anhieb erkennen, wo sich die Einsprech-Richtung der Kapsel befindet. Das führte zweimal dazu, dass aufmerksame Chor-Mitglieder es zu gut meinten, und die zwei Sidefire sE7 genauso wie die herkömmlichen sE7 ausrichten wollten. Der aufmerksame Chorleiter intervenierte allerdings rechtzeitig. Klanglich war das Ergebnis nicht zu beanstanden. Besonders gut gefällt mir die hohe Koppelfestigkeit der Mikrofone auch ohne drastische EQ-Eingriffe, was wiederum für ihre universelle Einsetzbarkeit spricht.
Akustikgitarre
Die sE7 Standard bieten bei der Gitarrenabnahme die bewährte frontale Mikrofonierung mit natürlicher Klangwiedergabe. Ideal für klassische Aufstellungen mit ausreichend Platz. Die sideFire-Variante ermöglicht dagegen diskrete Nahaufnahmen, ohne dass das Mikrofon störend wirkt. Besonders vorteilhaft bei Liveaufnahmen oder wenn optische Unauffälligkeit gefragt ist.
Flügel/Piano
Auch in diesem Metier bieten beide Varianten Vor- und Nachteile. Das Standard-Set empfiehlt sich für die klassische Stereo-Mikrofonierung über den Saiten mit bewährten Techniken wie A/B oder ORTF. Als ausgewiesenes Stereo-Set lassen sich die sideFire-Mikrofone dezent über den Saiten positionieren, was auch aus optischen Gründen (z. B. Filmaufnahmen) deutliche Vorteile bietet. Die seitliche Ausrichtung ermöglicht unauffällige Platzierung.
Praxis
Das sE7 sideFire zeigt bei beengten Räumlichkeiten seine größten Vorteile. Wo das Standard sE7 aufgrund seiner frontalen Ausrichtung Platzprobleme haben könnte, eröffnet die seitliche Kapsel neue Möglichkeiten. Mit aktiviertem PAD-Schalter können beide Varianten sehr hohe Schalldrücke überstehen. Das sideFire bietet hier zusätzliche Flexibilität bei der Positionierung. Beide Mikrofonvarianten verfügen über die gleiche Technik und die gleiche Kapsel, daher ist es klar, dass keine Klangunterschiede zu erwarten sind. Das zeigt sich auch in der Praxis. Die sE7 verfügen über eine dezente, fokussierte Höhenanhebung und klingen dadurch frisch und modern, ohne aufdringlich zu werden.
Fazit
Mit dem sE7 sideFire Stereo-Set erweitert sE Electronics sein Portfolio um ein sehr flexibel einsetzbares Kleinmembran-Kondensatormikrofon, das das bewährte Standard sE7 perfekt ergänzt. Während beide Mikrofone die gleiche hohe Klangqualität bieten, eröffnet die seitliche Kapselanordnung des sideFire völlig neue Möglichkeiten in der Mikrofonierung. Das Standard sE7 bleibt die erste Wahl für klassische Anwendungen, wo bewährte Techniken gefragt sind. Das sideFire hingegen ist die ideale Lösung für innovative Ansätze, enge Räumlichkeiten und Situationen, wo eher optische Zurückhaltung auf dem Wunschzettel stehen.
Das sE7 in der Standardausführung kostet 120 Euro, bzw. 240 Euro als Stereo-Set und das sE7 sideFire 150 Euro, bzw. 280 Euro als Stereo-Set. Zusammengenommen mit der sehr guten und robusten Ausführung beider Varianten und der werkseitigen Stereo-Paarung sind sowohl das sE7 Standard als auch das sE7 sideFire definitiv eine Empfehlung wert, besonders wenn man noch den Produktpreis berücksichtigt. Da bekommt man schon sehr viel Qualität für geringe Kosten.