SSL SiX

kompaktes und flexibles Mischpult für Live-Einsatz und Produktion

Autor: Andrew Levine | Fotos: Peter Kaminski u. Andrew Levine (2)

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Der kompakte Audio-Mixer SiX bringt die Qualitäten großer SSL-Pulte in ein transportables Format. Im Vertrieb ist SSL in Deutschland bei Audio Pro Heilbronn, die uns auch das Testgerät zur Verfügung gestellt haben.

Technik

Die Anzahl der durchweg symmetrisch ausgelegten Eingänge wird gegenüber den großen Pulten natürlich reduziert, aber die über Jahrzehnte optimierte Konzeption der SSL-Pulte, der Klang der Kanalzüge und die Flexibilität des Routings lassen wenige Wünsche offen. Als Eingänge stehen zur Verfügung: zwei mit Mikrofonverstärker, vier plus zwei für Line-Level-Signale sowie einer für Talkback.

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Die maximalen Eingangspegel liegen bei 21 dBu / 27 dBu (bei 1 % THD) für die Mikrofonverstärker bzw. Line-Inputs. Ein maximaler Ausgangspegel von +27,5 dBu macht Clipping bei normaler Nutzung unwahrscheinlich. Das Eigenrauschen liegt bei -85 dB wenn alle Eingangskanäle auf den Bus gerouted werden und entspricht einem dynamischen Umfang von mehr als 117 dB. Das THD+N liegt in diesem Fall bei 0.0015 % in einem Frequenzbereich von 4 Hz bis 80 kHz. Für Inputs 3/4 gibt es einen kombinierten Balance-Regler; die Eingänge 1/2 sind separat per Panoramaregler im Stereobild zu platzieren. Die Fader haben einen Weg von 100 Millimeter.

An Besonderheiten fällt das externe Schaltnetzteil mit vierpoligem XLR-Stecker auf. Die Tatsache, dass die Eingangsbuchse über eine Klammer zur Arretierung dieses Steckers verfügt ist zusätzlich beruhigend. Wer mag kann den SiX gleich in seinem stabilen Karton transportieren. Der SiX macht einen sehr soliden Eindruck und ist auf jeden Fall Road-tauglich.

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Interessant ist auch die Auslegung des Talkback-Kanals. Der verfügt neben optionaler Phantom-Speisung und einer festen Verstärkung von 45 dB auch über einen Hochpass-Filter, 20 dB Makeup-Gain und einen einfach zu bedienenden Kompressor. Dieser One-Knob-Kompressor findet sich auch in den Kanalzügen 1 und 2 und auf der Summe wieder. Bei einer Anstiegszeit zwischen acht und 30 Millisekunden, einem festen Kompressionsverhältnis von 2:1 und einer ebenfalls festen Abfallzeit von 300 Millisekunden lässt sich lediglich der Schwellwert einstellen. Abschließend ist noch hinzuzufügen, dass alle Ausgänge bis auf den des Kopfhörers ebenfalls symmetrisch ausgeführt sind.

Das SiX verfügt - auf den ersten Blick – wie schon erwähnt, über sechs Eingänge aber die komplexe Architektur integriert darüber hinaus noch Insert-Möglichkeiten sowie vier weitere Kanäle für zwei Stereo-Einspielungen plus den oben angesprochenen Talkback-Kanal. Das SiX ist dadurch, dass es für eine Vielzahl von Anwendungen konzipiert ist, wie Live-Mixer für ein kleines Ensemble; Tracking einer limitierten Anzahl von Kanälen; Talkback- und zentraler Hub für Sessions mit zwei Musikern, bzw. Gruppen von Musikern, die jeweils parallel ihren eigenen Cue-Mix eingespielt bekommen, nicht unkompliziert. Das Handbuch ist zum Glück sehr gut geschrieben, und das detaillierte Signalflussdiagramm schafft darüber hinaus Klarheit bis ins letzte Detail.

Der praktische Einsatz

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Stellt sich nur noch die Frage: Wie arbeitet es sich mit ihm? Ein Live-Gig in Berlin am 7. September 2019 bot mir die Chance, praktische Erfahrungen im Umgang mit dem SiX zu sammeln. Der 3,5 kg leichte SiX passt gut in mein recht reduziertes Gepäck und ist vor Ort schnell aufgebaut.

Im World-Wide-Window, einer kompakten Location für elektronische und generell neue, improvisierte Musik in Berlin-Oberschöneweide treffen zwei Saxophonisten: Andreas Krennerich, Stuttgart und Frank-Paul Schubert, Berlin auf den Architekten und Kontrabassisten Klaus Kürvers, Berlin und mich am Theremin. Eine gute Gelegenheit das Kompakt-Mischpult SiX von SSL auszutesten. Auf der Bahnfahrt von Hamburg nach Berlin erreicht mich dann die Hiobsbotschaft: der Kontrabassist ist erkrankt und kann nicht mitspielen. Die gute Nachricht: der Bass-Klarinettist Lothar Ohlmeier wird unser Quartett komplettieren.

Das ist natürlich in Bezug auf die Aufstellung eine andere Situation. Meine ursprüngliche Planung sah vor, dass ich vom Publikum aus gesehen hinten links stehen würde, rechts von mir, zur verhältnismäßig wenig gegenüber anderen, sich bewegenden Akteuren empfindlichen runden Antenne des Theremins der Bassist, und links und rechts vom AB-Stereopaar die beiden Saxophonisten. Über die neue Konstellation muss ich noch nachdenken. Aber ich habe mich ja mittlerweile gründlich mit den Möglichkeiten des SiX befasst.

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Nun zur Aufnahme. Es wird primär ein AB- bzw. Laufzeit-Stereofones Paar von zwei DPA 4060 Lavaliers als unauffälliges Raummikrofon zum Einsatz kommen. Diese Signale kann ich über einen Send, der auf Kanal 3 und 4 des über einen DB-25-Stecker auf der Rückseite des Mixers angelegten Output-Bündels abgreifen. Meine ursprüngliche Planung sah vor, ein Elation KM-201 mit Omni-Kapsel, umwickelt mit einem Schaumstoff-Streifen unter dem Steg des Kontrabasses festzuklemmen. Das ist jetzt obsolet, aber die beiden Saxophonisten entdeckten ein Stahl-Cello in der rechten hinteren Ecke des Raums. Es besteht aus einem großen, gebogenen Stück Stahlblech und einer Reihe von Federdraht-Stangen, die mit einem Bogen gespielt werden können–aber natürlich auch einen interessanten akustischen Hall-Generator darstellen.

Nachdem ich das Stützmikrofon für den Kontrabass eingespart habe werde ich es jetzt für diesen akustischen Hall verwenden. Am Talkback-Eingang angeschlossen verkabele ich F|Back #2 mit dem Line-Eingang #5 und schon kann man etwas mit der schlanken Mischung für das FOH spielen. Viel braucht es nicht, weil der ehemalig industriell genutzte Raum eine sehr angenehme Akustik mitbringt.

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Auf der Rückseite des SiX befinden sich Main Sends, Channel 1/2 Sends, Main und Monitor Ausgänge – letztere als passive Splits – sowie der schon erwähnte DB-25 Stecker. Eingänge finden sich dort ebenfalls in Form eines DB-25 Steckers: Main und Ch 1/2 Insert Returns plus Ch 1/2 alternativer Eingang. Aber dafür ist heute bei dieser Aufnahme kein Bedarf. Das Signal des MakeNoise 0-Coast Synthesizers, der als Stimme meines Moog Etherwave Plus Theremins fungiert stöpsele ich in Line Input 3. Inputs 3/4 lege ich auf den Aux-Bus 1, der über F|Back 1 – für meinen Monitor – abgegriffen werden kann.

Ruck zuck ist mein Zoom F8 an die vier Ausgänge des SiX angeschlossen und provisorisch eingepegelt. Und der Soundcheck kann losgehen. Ich komme beim ersten Einsatz gut mit allen Anschlüssen klar und kann noch weitere Details in der Praxis austesten. Der EQ scheint auf den ersten Blick etwas mager, weist er doch bloß zwei fest eingestellte Frequenzen von 200 Hz und 5 kHz auf, bei denen man entweder einen Shelf- oder Bell-Filter mit einer Verstärkung von -/+15 dB einstellen kann, aber er klingt einfach sehr gut. Bei diesem Einsatz habe ich den EQ dann doch ausgeschaltet. Ebenso den Kompressor auf den Eingangskanälen 1/2 und der Stereosumme. Meine Musiker-Kollegen und ich sind sehr zufrieden mit dem nur leicht verstärkten Originalsound. Klingt genau wie das authentische Klangereignis, nur etwas deutlicher.

Übrigens hier noch der Link zu einem Video der Aufführung: https://vimeo.com/358730011

Fazit

Der SiX wird für ca. 1.400 Euro angeboten. Wenn man ihn mit anderen kompakten Mischpulten vergleicht ist das natürlich nicht wenig, aber die klanglichen Qualitäten, hervorragenden technischen Daten und vielfältigen, flexiblen Routing-Möglichkeiten rechtfertigen den Preis. Ich für mein Teil werde den SiX vermissen, wenn ich sie nach diesem Test zurückgebe.

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