Warm Audio TB12-500 "TONE BEAST"

Autor und Fotos: Peter Kaminski

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Der Warm Audio TB12 ist ein API-500-kompatibles Modul mit einer Breite von zwei Slots. Das ist auch nicht anders machbar, denn der TB12 hat, wie wir im Verlauf des Tests sehen werden, einiges an Board. Es gibt ihn übrigens auch in einer 19-Zoll-Rack-Version und heißt dann einfach TB12 ohne den Zusatz 500. Technisch sind die Geräte, bis auf die Bauform, identisch. 

Konzept und Technik

Zum technischen Konzept gibt es einiges zu sagen, denn der TB12 unterscheidet sich da von den meisten anderen API-500-kompatiblen Mikrofonverstärkern.

Der TB12 hat, wenn man es genau nimmt, drei Bearbeitungsstufen und zwar der Eingangsübertrager, die Verstärkerstufe und die Ausgangsübertrager. Bestimmt kommt jetzt Verwunderung über den Plural bei den Ausgangsübertragern auf, denn es handelt sich ja um einen einkanaligen Vorverstärker. Der Grund dafür liegt darin begründet, dass man verschiedene Ausgangsübertrager anwählen kann, um so klanglich Einfluss zu nehmen. Im Bild unten sieht man die beiden großen Ausgangstransformatoren. Der Eingangsübertrager liegt darunter vorne auf der Platine. Eingesetzt werden Übertrager des bekannten amerikanischen Herstellers CineMag, die auch in vielen anderen Geräten zu finden sind.

Bei den Ausgangsübertragern verwendet man unterschiedliches magnetisches Material und zwar bei einem Eisen/Stahl und bei dem anderen einen 50 prozentigen Nickelanteil. Eisen wurde ja bei den klassischen Vintage Preamps eingesetzt während Nickel das modernere Material ist. Übertrager mit Nickel verfügen über eine höhere Linearität und ein etwas anderes Sättigungsverhalten.

3 offen

Ein weiterer Klangbestimmender Punkt sind natürlich die Operationsverstärker (Op Amps) der aktiven Verstärkersektion. Diese sind diskret aufgebaut, also mit einzelnen Transistoren und passiven Bauelementen wie Widerstände und Kondensatoren und sind auf einer extra Platine verbaut, die über Steckkontakten mit der Hauptplatine verbunden ist. Es gibt zwei dieser Operationsverstärker (s. Abb. unten, je einer rechts und links von den Steckern) und zwar der je ein Melcor 1731 und ein Dean Jensen's 918, die im Vollaussteuerungsbereich eine etwas andere Charakteristik aufweisen. Über einen Schalter kann man den aktiven Op Amp auswählen.

4 opamps

Interessant ist hierbei, dass sich die Operationsverstärker eben auch wechseln lassen. Es gibt eine ganze Reihe von Anbietern von Operationsverstärkerblöcken mit kompatiblen Anschlüssen (6-Pin API 2520), die man je nach individuellen klanglichen Vorstellungen austauschen kann. Einige dieser Anbieter sind z. B. The John Hardy Company (990C+), Seventh Circle Audio (SC10), Whistle Rock Audio, Hairball Audio (JE990) oder Sonic Imagery Labs (990Enh u. 995FET). In früheren Tagen war es üblich diskrete Operationsverstärker auf kleinen Platinen unterzubringen und dann auch mit einem Gehäuse zu versehen und diese auch innen mit Harz zu vergißen, um so einen gewissen Schutz, was die verwendeten Bauelemente anging, zu erzielen.

Weiter sind zwei Kondensatoren doppelt ausgeführt und zwar einmal als klassischen Elko (Elektrolytkondensator) und einmal als moderne Tantal-Kondensator. Der Elko stellt also eher die Vintage-Variante dar.

5 buchsen

Auch bei den Anschlüssen bietet der TB12 einiges den es gibt auch Anschlüsse auf der Front. Neben einer XLR-Mikrofoneingangsbuchse (XLR) gibt es dort noch zwei 6,3-mm-Klinkensteckerbuchsen für einen Line-Pegel-Eingang und einen hochohmigen Instrumenteneingang (s. Abb. oben). Natürlich besitzt ein Preamp in dieser Klasse auch eine zuschaltbare 48-Volt-Phantomspeisung auf der Mikrofoneingangsbuchse.

Eine weitere Anpaßmöglichkeit ist der Eingangswiederstand, denn dieser lässt sich beim TB12 auf 150 oder 600 Ohm umschalten. Bei Umschaltung auf 150 Ohm wird auch die Verstärkung um 6 dB angehoben und der maximale Verstärkungsbereich somit von 65 auf 71 dB erhöht.

Bedienung

Werfen wir nun einen Blick auf die Frontplatte und die Bedienelemente um die Funktionalität im Detail kennenzulernen. Regelelemente gibt es nur zwei und zwar für die Verstärkung (gain) und den Ausgangspegel (output). Ein Bargraf bestehend aus sechs LEDs (-20, -6, 0, +6 und Clipping) gibt Aufschluß über den verstärkten Pegel. 

1 front

Nun zu den vielen Schaltern. Oben mit den beiden Kippschaltern neben der Bargrafanzeige gestattet die Umschaltung der Ausgangstransformatoren (Stahl/Nickel) und der Operationsverstärkertypen (1731 oder 918). Über einen Druckschalter unter dem Übertragerwahlschalter lässt sich der Ausgangsübertrager auch komplett umgehen (bypass) und man erzielt so einen mehr linearer Sound. Zu beachten ist, dass dann der Pegel um 10 dB aufgeholt werden muss. Mit diesen drei Schaltern bestimmt man im Wesentlichen die Basisklangcharakteristik des TB12.

Oben rechts befindet sich der Ein/Ausschalter für das Modul. Mit den beiden unteren Druckschaltern lässt sich der Line-In- und der Instrumenteneingang aufschalten wobei der XLR-Mikrofoneingang dann stummgeschaltet wird. Rechts darüber befindet sich der Schalter für das Zuschalten der 48-Volt-Phantomspeisung. Auf der linken Seite befinden sich die Druckschalter für 20-dB-Vordämpfung (pad) sowie Phasendrehung (pol) und den Schalter für die Eingangsimpedanz (tone) von 600 auf 150 Ohm (Schalter gedrückt). Bei letzterer Funktion ergeben sich 6 dB Pegelunterschied, der ggf. nachjustiert werden muss. Weiter findet man auf der rechten Seite unterhalb des Einschalters noch den Druckschalter für das Hochpassfilter (80 Hz Eckfrequenz) und die Umschaltung für die Kondensatoren (clean: Tantal, vintage: Elko).

Praxis

Der Unterschied zwischen der Einstellung Übertrager-Bypass und mit Übertrager ist sehr deutlich wahrnehmbar und sollte die erste Grundentscheidung sein. Bei der Wahl des aktivierten Ausgangübertragers nimmt man ein Unterschied eigentlich erst ab einem gewissem Pegel deutlich war. Die Einstellung Nickel produziert einen mehr linearen Klang während der Stahl/Eisen-Übertrager härter klingt und mehr Obertöne erzeugt und den Frequenzgang oben und unten etwas einschnürt und damit den Klang frequenzmäßig etwas kompakter macht. Wenn man bewusst einen etwas aggressiveren Sound generieren möchte, dann ist der Steel Transformer die richtige Wahl. Bei Instrumentenanschluss kann man da Pegel-mäßig auch mal richtig Gas geben und man erhält z. B. mit Gitarre einen schönen Dirty-Sound, der aber bei entsprechender Mäßigung noch nicht ins verzerrte abdriftet. Aber wer will schafft auch das mit dem TB12. Der Gain-Bereich lässt da einiges zu. 

Bei den Operationsverstärkern ist festzustellen, dass der 1731 ein paar dB früher in die Sättigung geht und bei hohen Pegeln auch mehr Klangfärbung produziert als der 918, der einen deutlich lineareren Klang produziert. Für Sprachaufnahmen ist der 918 die erste Wahl für Gesang und Instrumente ist es eine eher individuelle Endscheidung in Abhängigkeit von der Quelle und dem gewünschtem Ziel-Sound.

Die Umschaltung der Eingangsimpedanz ist ebenfalls durchaus wahrnehmbar, aber eben sehr abhängig vom eingesetzten Mikrofon. Die klangliche Auswirkung ist im Regelfall kleiner als die zuvor beschriebenen Auswahlmöglichkeiten. Klanglich in ähnlicher Größenordnung ist die Umschaltung des Kondensators, die einen Nuance in der gesamten Klangverarbeitung darstellt. Ich habe bei dem 918 Op Amp immer die Einstellung "clean" und beim 1731 die Einstellung "vintage" bevorzug, da sie so den Charakter der Op Amps besser herausarbeiten.

Fazit

Der Preis de TB12-500 liegt bei ca. 650 Euro und die 19"-Version TB12 bei etwas über 700 Euro. In Anbetracht des technischen Aufwandes und der vielen Einflussmöglichkeiten auf die Klanggestaltung ein äußerst fairer Preis.

Die klanglichen individuellen Gestaltungsmöglichkeiten des Warm Audio TB12 machen das Modul unglaublich flexibel. Die Bandbreite der Klangmöglichkeiten ist immens groß und der TB12 ist daher ein sehr universell einsetzbarer Mikrofonvorverstärker. Besonders Anwender die gerne kreativ mit dem Klang arbeiten und experimentieren, werden hier sehr viel Freude am TB12 haben. Von Dirty Sound über Vintage bis hin zu Clean Sound ist alles möglich. Das i-Tüpfelchen für absolute Sound Freaks ist natürlich das Austauschen der Op Amps, um seine eigenen Klangvorstellungen noch näher zu kommen. Der Warm Audio TB12 bietet also einiges für Sound-Tüftler und die die es werden möchten.

www.warmaudio.com
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