AKG K612 / K712 / K812

Neue offene Studiokopfhörer

Autor und Fotos: Peter Kaminski

Ende des Jahres stellte der österreichische Hersteller AKG eine neue Familie von Kopfhörern vor, die drei Hörer umfasst und zwar den K612, den K712 und das Topmodell K812.

K612

K612

Der K612 ist der preiswerteste im Bunde der drei neuen AKG Kopfhörer. Es basiert technisch auf den K602 in offener Bauweise und bietet gegenüber dem Vorgänger leichte optische Veränderungen und nun einen 3,5 mm Klinkenstecker mit 6,3 mm Aufschraubadapter. Der Treiber (Flachspule und Neodym-Magnet) und die akustische Abstimmung entsprechen dem K602 und somit wurde der Vorgänger auch komplett aus dem Programm genommen. Mehr zu dem Hörer im Praxisabschnitt.

Technische Daten

Empfindlichkeit: 101 dB/V
Übertragungsbereich: 12 Hz ... 39.500 Hz
Impedanz: 120 Ohm
max. Eingangsleistung: 200 mW
Kabel: 3 m (99 % sauerstofffrei)
Anschluss: 3,5 mm Klinkenstecker vergoldet
Adapter: 3,5 auf 6,3 mm Klinkenstecker, vergoldet
Gewicht: 235 g

K712

Der K712 basiert auf dem K702. Wir haben die K702 Anniversary Edition jahrelang als Referenzhörer für unsere Tests eingesetzt und waren daher auf den K712 gespannt. Zunächst etwas zu dem technischen Aufbau des Hörers.

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Die Wandlerplattform entspricht weitgehend dem des K 702 so dass wir einmal einen Blick zurück auf diesen Hörer richten. Der Wandlerdurchmesser beträgt 45 Millimeter und als Magnetmaterial kommt Neodym zum Einsatz. Um auch bei tiefen Frequenzen einen linearen Frequenzgang zu erhalten, muss für tiefe Frequenzen der Membranhub überproportional zunehmen. Über Simulationen und Messverfahren hatte man schon beim K 702 einen Wandler konstruiert, der Hübe von mehreren Millimetern ermöglicht. Auch die Schwingspule wurde mit dem Einführen des K 702 optimiert. Man setzte hier auf ein Konzept mit einer Flachdrahtschwingspule, die eine wesentliche höhere Packungsdichte, bzw. Füllfaktor bietet und somit auch einen höheren Wirkungsgrad und zudem wird die Masse der Schwingspule geringer, was sich wiederum positiv auf die Impulstreue und den Frequenzgang in den Höhen auswirkt.

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Eine weiter Technik, die auch schon beim K702 genutzt wurde, ist die von AKG patentierte, sogenannte Variomotion-Technologie. Idealerweise muss eine Membran bei einen Wandler am Rand total elastisch schwingen und die Membranmitte dagegen perfekt kolbenförmig. Um das zu erreichen hat man bei AKG die Membrane in zwei Zonen eingeteilt. In der Mitte ist die Membran doppelt so stark wie in der Randzone. Durch die kolbenförmigere Bewegung in der Mitte werden Partialschwingungen reduziert und so eine bessere Impulstreue erzielt. Zwischen Polster und Wandler wurde zudem ein Schaumstoffring aus verschiedenen Materialien eingebracht, der den Wulstbereich der Membrane gezielt dämpft und so das Schwingungsverhalten bei den Frequenzen um ca. 9 kHz optimiert.

variomotion

Schon bei der Version K 702 Anniversary Edition wurde die Wiedergabe im Bassbereich leicht Modifiziert. Beim K 712 wurden weitere kleine Veränderungen vorgenommen, was man am Datenblatt zunächst nicht sieht, denn die angegebenen Daten sind mit dem des K 702 identisch. Die Änderungen sind im Wesentlichen im Bereich der akustischen Anpassung erfolgt. Die Schaumstoffzusammenstellung wurde noch einmal verändert, wodurch sich eine Änderung im Bassverhalten ergibt. Der Raum zwischen Ohr und Wanlder wurde auch dichter gestaltet. Im Praxisabschnitt werden wir dann sehen, was das für Auswirkungen hat.

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Wie auch schon beim K702 ist beim K 712 das Kabel abnehmbar. Es wird über eine Mini-XLR-Verbindung am Hörer angesteckt. Der Hörer wird in einer Tragetasche geliefert wobei noch ein Spiralkabel mitgeliefert wird. Die Polster sind, wie bei allen drei vorgestellten Kopfhörern, über Drehen abnehmbar und lassen sich so leicht austauschen.

Technische Daten

Empfindlichkeit: 105 dB/V
Frequenzbereich: 10 Hz ... 39.800 Hz
Impedanz: 62 Ohm
max. Eingangsleistung: 200 mW
Kabel: 3 m (99 % sauerstofffrei)
Anschluss: 3,5 mm Klinkenstecker vergoldet
Adapter: 3,5 auf 6,3 mm Klinkenstecker, vergoldet
Gewicht: 340 g

K812

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Der K812 ist das Flaggschiff von AKG und seit langem bietet man auch wieder einen Kopfhörer in einen hochpreisigem Segment an. Natürlich stellt man an einen Hörer in dieser Klasse auch hohe Anforderungen.

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Man entschloss sich für den K 812 nicht den Wandler des K 702 weiter zu optimieren sondern einen komplett neuen Wandler zu entwickeln. Dazu konstruierte man einen Wandler mit einer gänzlich anderen Magnetform mit der man bei viel geringerer Magnetmasse trotzdem eine hohe Feldstärke erreicht. Der Wandler verfügt über eine kupferbezogene Aluminiumspule umso die bewegte Masse gering zu halten. Zudem wurde der Wandler nochmal größer und beträgt beim K 812 beachtliche 53 Millimeter. Auch die Impedanz ist im Zuge des neuen technischen Designs auf 36 Ohm gesunken. Der Frequenzgang wurde gegenüber dem K 702/K712 erweitert und geht nun bis auf 54 kHz hoch und im Bassbereich bis auf fünf Hertz runter.

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Schon beim Abnehmen des Ohrpolsters sieht man, dass der Aufbau am Übergang zum Ohr komplett anders gelöst ist als beim K 712. Der Raum zwischen dem Ohr und dem Wandler hat ja einen Einfluss auf den Frequenzgang.

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Die Ohrpolster sind aus Leder gefertigt. Zudem ist das Ohrpolster in der Form asymmetrisch und hat auf einer Seite eine Lippe und umschliesst so perfekter das Außenohr, was auch wiederum positiven Einfluß auf den Frequenzgang hat. 

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Das Band unter dem Kopfhörerbügel ist nicht aus Kunststoff sondern aus mehrschichtigem, gewobenem Textilstoff. Der ganze Kopfhörer ist in der Gesamtheit robuster aufgebaut. So kommt auch ein Verbindungsstecker beim Anschlußkabel (Mini-XLR) aus Metall zum Einsatz.

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Technische Daten

Übertragungsbereich: 5 Hz ... 54 kHz
Empfindlichkeit: 110 dB SPL/V
Nennbelastbarkeit: 300 mW
Impedanz: 36 Ohm
Kabel: 3 m
Anschluss: 3,5 mm Klinkenstecker vergoldet
Adapter: 3,5 auf 6,3 mm Klinkenstecker, vergoldet
Gewicht: 390 g

Interview mit Philipp Schuster

Wir haben zu den neuen Hörern mit Philipp Schuster, Product Line Manager von AKG, ein Interview geführt, das unseren Test ergänzt.

proaudio.de: der K712 und auch der K812 wurden ja was die Basswidergabe angeht überarbeitet. Warum war das erforderlich und wie wurde es ausgeführt?

Philipp Schuster: Es habe sich in den letzten Jahren die Hörgewohnheiten geändert. Der Trend geht hier deutlich zu stärkerer Basswiedergabe. Man mag nun als Musikschaffender zu diesem Trend stehen wie man will, ignorieren kann man ihn nicht. Es ist wichtig die Musik in der Klangfärbung wiedergeben zu können, wie sich ein potentieller Kunde auch hört.  Das bedeutet für uns, dass der Basswiedergabe mehr Bedeutung zukommt als früher.  Wir bei AKG haben uns aber zu Ziel gemacht, nie das Ergebnis zu verfälschen, also der Musik nichts hinzuzufügen. Das ist der Balanceakt den man als  Produzent Professioneller Kopfhörer gehen muss.

proaudio.de: Der Wandler des K812 wurde ja komplett neu entwickelt. Warum ist man neue Wege gegangen und wie hat man diese umgesetzt?

Philipp Schuster: Wir wollten einen sehr empfindlichen Wandler, der zugleich aber keine Kompromisse beim Frequenzgang eingeht. Daraus ergab sich, dass wir eine vollkommen neue Magnetform entwickelt haben. Die Feldstärke im Magnetspalt ist 1,5 Tesla, das ist ein in diesem Produktsegment noch nie erreichter Wert. Ein anderer wichtiger Faktor ist natürlich die bewegte Masse gering zu halten. Hier kommt die mit Kupfer überzogene Aluminiumspule zum Einsatz: Kupfer für die Leitfähigkeit, Aluminium für des geringe Gewicht.

proaudio.de: Der K812 ist ja sehr niederohmig. Welche Vorteile ergeben sich daraus und wie hat man dies erreicht?

Philipp Schuster: Der Trend geht auch im Profi Bereich zu mobilen Geräten. Musiker verwenden auch zu Hause ihren Tablett um ihre kreativen Ideen zu notieren. Mobile Apps unterstützen sie dabei. Der Nachteil dieser Geräte ist die bescheidene Klangqualität der eigebauten Lautsprecher. Deshalb möchten viele auch hier ihren Kopfhörer verwenden. Das ermöglichen wir durch die geringe Impedanz. Hochohmig wäre der Kopfhörer zu leise. Geringe Impedanz, also geringen Widerstand, kann man durch eine entweder sehr kurze oder eine sehr dicke Magnetspule erreichen. Dick kommt nicht Frage, weil wir ja die bewegte Masse gering halten wollen, also kommt nur die kurze Spule in Frage. Eine kurze Spule erzeugt aber ein geringeres Magnetfeld. Das würde natürlich weniger Lautstärke ergeben. Deshalb brauchen wir den starken Magneten. Eines greift da ins Andere.

proaudio.de: Beim K812 hat man ja auch mehr auf die Verwendung von Metallteilen gebaut. War das Ziel den Kopfhörer robuster zu machen?

Philipp Schuster: Robustheit ist für professionelles Equipment ein unabdingbarer Erfolgsfaktor. Solche Kopfhörer müssen ja Jahre lang halten und werden nicht nach wenigen Monaten als Modeartikel ausgetauscht. Deshalb setzten wir bei den kritischen Teilen auf Metall. Das kommt der Haltbarkeit und Wartungsfreundlichkeit zu Gute. Viele unsere professionellen Kopfhörer wie der legendäre K240 sind 20 Jahre und mehr durchgehend in Studios weltweit im Einsatz. Das wünsche ich mir vom K812 auch einmal sagen zu können.

Praxis

Nun zunächst zum Klang. Der K612 erinnert schon an den K702 mit leicht geringerem Bassanteil. Der K612 ist besonders für Musikhörer oder Musiker geeignet, denn er verzeiht und zeichnet etwas mehr als der K712 aber alles schon auf hohem Niveau. Beim K 712 muss man was Vergleiche angeht sagen, dass er klanglich nah an der K702 Anniversary Edition liegt mit nochmals leicht forciertem Bass aber auch in einer sehr kleinen Verbesserung der Transparenz in den Höhen. Der Grund bleibt mir verborgen den eigentlich hat sich da nach Aussagen des Herstellers nicht viel verändert. Aber es handelt sich auch nur um Nuancen.

Obwohl der K812 ja eine komplette Neuentwicklung ist empfinde ich ihn nicht Abseits des K712 sondern klanglich durchaus verwandt. Beim K812 geht es trotz des sehr hohen Niveaues des K712, dann nochmals einen Schritt nach vorne. Einmal ist der erweiterte Bassbereich sofort auffällig. Zu betonen ist, dass es sich aber nicht um eine große Anhebung handelt sondern primär um die Erweiterung des Frequenzbereichs nach unten hin. Das ist sehr angenehm z. B. bei Kickdrums oder gezupftem Kontrabass in den unteren Lagen hörbar. Diese werden nicht überbetont sind aber im Gesamtbild präziser abgebildet. Aber auch bei der Wiedergabe der Transienten und der Präsenz in den Höhen kann man nochmal eine Verbesserung gegenüber dem K712 feststellen, die sich auch in einer noch präziseren Stereoortung und Feinzeichnung der Instrumente wiederspiegelt. Insgesamt hinterlässt der K812 einen noch analytischeren Eindruck als der K712 ihn schon bietet. Er ist ein ganz typischer Studiomonitor der nichts schönt und ideal für den Einsatz im Mastering. Gegenüber dem K712 ist er übrigens vom Höreindruck ca. 3 dB lauter. Wichtig beim Einsatz und Vergleich des K812 zu anderen Hörern ist, dass man einen guten Kopfhörerverstärker einsetzt, der auch mit der niedrigen Impedanz von 36 Ohm fertig wird, um auch die Vorteile des K812 voll und ohne Verzerrungsprodukte genießen kann.

Zum Tragekomfort muss man sagen, dass schon bei der K702 Anniversary Edition Änderungen am Kopfband durchgeführt wurden, die nun auch in den K612 und K712 wieder zu finden sind. Man hat nämlich die Polster unter dem Kopfband weggelassen, die unnötigen Druck auf den Kopf ausgeübt haben. Dadurch wurde besonders beim langen Tragen der Tragekomfort verbessert. Beim K612 und K712 ist es so, dass das Kopfband unter dem Kopfbügel sich automatisch anpasst. Das ist beim K812 anders. An jeder Seite lässt sich die Position des Hörers selbst nach oben oder unten verschieben, wobei die Position einrastet und so fixiert bleibt. Das ganz angenehm, weil kein Druck durch die automatische Verstellung auf den Kopf ausgeübt wird und so das lange Tragen des Hörers nochmals komfortabler wird. Zudem ist der K812 nur 50 Gramm schwerer als der K712 trotz der deutlich mehr verarbeiteten Metallteile. Hier wären wir dann auch beim Thema Robustheit. Auch hier punktet der K812 durch seine vielen verarbeiteten Mettallteile, die auch dem Hörer optisch noch den letzten Schliff geben.

Fazit

Der Preis für den K612 liegt bei ca. 170 €, der des K712 bei ca. 450 € und der des K812 bei ca. 1.500 € - also eine sehr große Preisskalierung in der neuen Kopfhörerfamilie. Somit ist der K612 sicherlich für preisbewusste Hörer ein Schnäppchen den die Qualität ist für diesen Preis schon ausgesprochen hoch. Der K712 ist sowohl in der Hand des Musikliebhabers als auch bei dem Studioprofi sehr gut aufgehoben. Die Abstimmung ist sehr gut gelungen und eben gegenüber dem eigentlichen K702 auf jeden Fall im Bassbereich verbessert. Der K812 gehört aktuell sicherlich zu den besten verfügbaren Kopfhörern mit dynamische Wandler. Schmerzlich ist jedoch etwas der Preis, so dass der eine oder andere dann zu dem ebenfalls sehr guten K712 greifen wird wenn es nicht um den letzten Funken im Bereich der Analytik geht. Für die genannten 450 Euro ist er nämlich auch in seiner Klasse ein exzellenter und absolut studiotauglicher Hörer für Tonschaffende. Der K612 dürfte sich mehr an preisbewusste aber auch anspruchsvolle reine Musikhörer richten.

www.akg.com