Focusrite Clarett+-Serie

USB-Audio-Interfaces für macOS- und Windows-Systeme mit umfassendem Plug-In-Bundle

Autor: Erol Ergün | Fotos Peter Kaminski u. Erol Ergün (2)

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Die Focusrite Clarett-Produktreihe von Audiointerfaces ist sowohl bei macOS- als auch Windows-Anwendern aufgrund der guten Klangqualität und ausgereiften Treibern ein Begriff. Seit 2015 ist die Familie von Audio-Interfaces gewachsen und erreicht nun mit der Clarett+-Serie einen Generationswechsel mit verbesserten Wandlern.

Wir haben auch schon die Clarett-USB-Vorgängermodelle getestet und möchten hier einen Überblick über die neue Clarett+-Serie geben. Focusrite stellte uns dazu freundlicherweise zwei Testgeräte Clarett+ Pre2 und Clarett+ Pre8 zur Verfügung.

Konzept und Technik

Die Focusrite-Modellfamilie besteht aus drei Varianten Clarett+ 2Pre, Clarett+ 4Pre und Clarett+ 8Pre, die sich lediglich in der Anzahl von Mikrofonvorverstärkern und Anschlüssen voneinander unterscheiden. Alle Modelle verfügen ansonsten über identische Preamps und A/D-, bzw. D/A-Wandler.

Wie bereits von den Vorgängern bekannt, bestehen auch die Clarett+-Geräte aus einem stabilen Metallgehäuse mit der für Focusrite charakteristischen roten Metallfront. Das Clarett+ 2Pre mit 55 x 210 x 161 mm Abmessungen empfiehlt sich als Tischgerät. Das größere Clarett+ 8Pre ist für den 19-Zoll-Rackeinbau mit einer Höheneinheit in den Maßen 45 x 480 x 270 mm gedacht.

Dank der kostenlos herunterladbaren Software „Focusite Control“ lassen sich alle relevanten Funktionen der Audiointerfaces bequem via Computer für macOS (Version 10.15, 11 und 12), iOS- und Windows-Systemen (Version 10 und 11) am Bildschirm bearbeiten. Laut Focusrite funktioniert die Clarett+-Modellreihe auch mit Apple-Systemen, die mit einer CPU der M-Klasse ausgestattet sind.

Des Weiteren ist im Lieferumfang das üppig ausgestattete Plug-In-Bundle Hitmaker Expansion für alle registrierten Besitzer eines Focusrite Clarett+-Modells enthalten, das einige interessante Plug-Ins für Editing und Mastering beinhaltet: Antares Auto-Tune Access, -Relab LX480 Hall, Softube Marshall Silver Jubilee 2555 Gitarrenverstärker,  XLN Addictive Keys mit verschiedenen Pianomodellen, XLN Addictive Drums 2, Brainworx bx_oberhausen Synthesizer, Brainworx bx_console, Brainworx bx_masterdesk und Focusrite Red 2 & 3 Plug-in Suite.

Clarett USB vs. Clarett+

Alle Clarett+-Geräte können Abtastraten von bis zu 192 kHz bei 24-Bit-Wortbreite mit einem Dynamikumfang von 118 dB (A-gewichtet) verarbeiten. Neu hinzugekommen ist ein fortschrittlicher D/A-Wandler mit höherem Dynamikumfang und geringerem Rauschverhalten gegenüber dem Vorgänger der Clarett-Modellreihe. Hier einmal eine Übersicht der technischen Daten der Clarett- und Clarett+-Modelle, wo deutlich wird, dass die Wandlermesswerte bei der neuen Clarett+ um einiges besser sind.

Mikrofon-Eingang THD+N
Clarett+: -110 dB | Clarett USB: <-107 dB

Line-Ausgang Dynamikumfang
Clarett+: 124 dB | Clarett USB: 118 dB

Line-Ausgang THD+N
Clarett+: -106 dB | Clarett USB: -103 dB

Kopfhörerausgang Dynamikumfang
Clarett+: 118 dB | Clarett USB: 115 dB

Die Audioeingänge für Mikrofone und Instrumente verfügen über eine maximale Verstärkung von 57 dB Gain sowie einen individuell zuschaltbaren AIR-Modus. Basierend auf der Focusrite ISA-Schaltung werden hierbei Frequenzen im oberen Mittenbereich angehoben, was einem Enhancer-Effekt ähnelt und für mehr Präsenz und Seidigkeit des Audiosignals sorgen soll.

Clarett+ 2Pre, 4Pre und 8Pre

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Das Clarett+ 2Pre verfügt wie sein Vorgänger Clarett USB 2Pre über zehn Ein- und vier Ausgänge inklusive MIDI-I/O sowie ADAT-Eingang und zwei unabhängig regelbare Kopfhörerausgänge, wobei beide analogen Mikrofonvorverstärker-Eingänge in Form von Combo-XLR-Buchsen frontseitig angebracht sind.

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Wem zwei zu wenig und acht Mikrofonverstärker zu viel sind, wird beim kompakten Clarett+ 4Pre mit vier Preamps fündig. Der Nachfolger des Clarett USB 4Pre bietet insgesamt 18 Ein- und acht Ausgänge inklusive MIDI-I/O, ADAT sowie S/PDIF. Im Gegensatz zum kleinen Bruder Clarett+ 2Pre verfügt das 4Pre-Modell über zwei unabhängig regelbare Kopfhörerausgänge.

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Das Clarett+ 8Pre (s. Abb. unten) bietet wie Clarett USB 8Pre insgesamt 18 Ein- und 20 Ausgänge  inklusive acht Mikrofonvorverstärker, zwei unabhängig regelbare Kopfhörerausgänge, Wordclock-Ausgang, Ein- und Ausgänge für MIDI, ADAT sowie S/PDIF.

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Praxis

Bei diesem Test ging es uns vor allen Dingen um das Klangverhalten und Handling der beiden Testgeräte Clarett+ 2Pre und 8Pre im Studiobetrieb gegenüber den Vorgängermodellen. Das Hitmaker Expansion Plug-In-Bundle wurde hierbei nicht berücksichtigt.

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Als praktisch erwies sich die Fähigkeit des Clarett+ 2Pre, ohne zusätzliche Stromkabel am Notebook betrieben werden zu können. Laut Focusrite funktioniert dies mit Systemen, die 15 Watt pro USB-C Port bereitstellen. Gleiches gilt übrigens für das interne Netzteil des Clarett+ 8Pre, dass im Gegensatz zu Mitbewerbern mit externem Netzteil keinen zusätzlichen Stauraum im Rack beansprucht.

Schon die Clarett USB-Vorgänger überzeugten mit druckvollem und präsentem Klang. Die neue Clarett+-Generation steht dem in Nichts nach. Sowohl mit dem Neumann U87 als auch mit zwei KM184 wurden Sprachaufnahmen und Gesang in den gängigen Abtastraten 48 und 96 kHz transparent aufgenommen. Expressives Flügelspiel mit sehr leisen Passagen wurden fein und mit erfreulich niedrigem Rauschpegel mit 192 kHz aufgezeichnet.

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Neugierig waren wir, inwieweit die AIR-Funktion für mehr Präsenz bei der Audioaufnahme sorgen würde. AIR ist für  Mikrofonvorverstärker nur aktivierbar via Focusrite Control und hinterließ während des Tests einen gemischten Eindruck. Je nach Gesangsart und Mikrofon waren Präsenz und Luftigkeit mal mehr (insbesondere bei leisen und dynamikarmen Aufnahmen) oder weniger (bei dynamikreichen Audiosignalen) identifizierbar und im A/B-Vergleich mittels EQ-Einstellungen im Mix auch ohne AIR-Aktivierung „nachbaubar“. Letztendlich ersparte uns aber die AIR-Funktion teilweise das umständliche Einrichten von EQ-Plug-Ins bei obertonreichen Audioaufnahmen wie Gesang, Akustikgitarre oder Klavier.

Klangseitig erlebten wir Aufnahmen über unterschiedliche Abtastraten hinweg bei den getesteten Modellen als gleichwertig transparent und druckvoll. Kein Wunder, denn alle Clarett+-Modelle verfügen über identische Preamps und AD/DA-Wandler. Dynamische Passagen von klassischer Gitarre wurden insbesondere bei leisen Passagen ohne hörbares Rauschen transientenreich wiedergegeben. Die Abbildung von Fretless- Basslinien erfolgte ebenso präsent wie mehrstimmiger Backgroundgesang.

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Alle Geräte der Clarett-Modellreihe sind über die Software-Fernbedienung Focusrite Control flexibel im Routing und in der Pegelanpassung konfigurierbar, wobei die Ausgänge mittels grafischer Darstellung übersichtlich einzuordnen sind. Anpassungen am Setup lassen sich in Form von Snapshots unkompliziert abspeichern. Je nach Setup kann die Darstellung schon einmal die Hälfte des Bildschirms belegen, weshalb sich die Fensteransicht verkleinern lässt und sich nicht sichtbare Parameter mittels Scroll-Balken im Bildausschnitt anzeigen lassen.

Im Gegensatz zur performanteren Thunderbolt-Schnittstelle ist die USB-2.0-Variante aufgrund des geringeren Datendurchsatzes technologisch eigentlich im Nachteil. Während des Tests konnten wir jedoch erfreulicherweise keinen Nachteil bei Audioaufnahmen und Mischungen mit unserer DAW feststellen. Unter Windows 10 nutzten wir unsere XI-Machines X2 Audioworkstation.

Die Latenzen hielten sich bei Cubase 11 und ProTools 12 selbst bei Aufnahmen beispielsweise bei 96 kHz und einem Puffer von 48 Samples mit 5,2 Millisekunden sowie bei 192 kHz bei 48 Samples mit 4,3 Millisekunden angenehm gering.

Fazit

Bei der Clarett+-Modellreihe fällt positiv die jahrelange Produktpflege von Hardware und Treiberoptimierung für Apple- und Windowssysteme auf, denn sowohl Handhabung als auch Klang können in dieser Geräteklasse mit erfreulich geringen Latenzwerten überzeugen. Die App "Focusrite Control" zur Parametersteuerung ist für Apple- und Windows-Systeme erhältlich, arbeitet zuverlässig mit der Hardware zusammen und kann mittels individuell konfigurierbarer Presets flexibel an den eigenen Workflow angepasst werden.

Das solide und schicke Metallgehäuse mit roter Front ist aufgrund der aufgeräumt angebrachten Bedienelemente sowohl auf Tour als auch im Studiosetup ohne ausführliches Studium der Bedienungsanleitung einsetzbar. Selbige ist sogar in deutscher Sprache verfasst und lässt sowohl bei Einsteigern als auch bei Profis kaum Fragen offen.

Schlussendlich sorgen die aktualisierten Vorverstärker mit der AIR-Schaltung und verbesserten A/D-, bzw. D/A-Wandler für ein erfreulich rauscharmes und präsentes Klangbild. Bei Preisen für Clarett+ 2Pre mit ca. 495 Euro, 4Pre mit ca. 680 Euro und 8Pre mit ca. 995 Euro profitieren Käufer darüber hinaus vom Plug-In-Paket "Hitmaker Expansion Bundle" im Wert von über 1.000 Euro.

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