Focusrite Red 8Line

Audio Interface für Thunderbolt, Mini DigiLink Primary und Dante

Autor: Erol Ergün | Fotos Erol Ergün u. Archiv

Red 8Pre front 1

Focusrite gilt mit seiner Red-Produktlinie als Vorreiter für Audio-Interfaces mit Anschlüssen sowohl für Studio- als auch für Live-Einsätze. Mittlerweile umfasst die Produktfamilie drei Geräte im 19-Zollformat und einer Höheneinheit. Alle Red-Audio-Interfaces verfügen über zwei Thunderbolt-Anschlüsse, eine Pro Tools | HD-Schnittstelle sowie eine integrierte Dante-Netzwerkkarte für Audio-over-IP. Während Red 8Pre mit acht Mikrofonvorverstärkern und acht Line Ein- und Ausgänge ausgestattet sind, verfügen Red 8Line und Red 16Line über jeweils zwei Mikrofonvorverstärker, sowie acht oder 16 Line Ein- und Ausgänge. Exemplarisch für die Focusrite Red-Produktlinie stellen wir das Red 8Line-Audio-Interface in diesem Test vor.

Konzept

Wie die drei anderen Mitglieder der Focusrite Red-Line ist das Focusrite Red 8Line als flexibles Audio-Interface für den Einsatz im Verbund mit Pro Tools HD-Systemen, Dante-Audionetzwerken und Thunderbolt kompatiblen DAWs mit Apple OS oder Windows-Betriebssystem konzipiert. Bis zu 54 Audioein- und 68 -ausgänge können gleichzeitig bei einer maximalen Abtastrate von 192 kHz und 24-Bit-Wortbreite übertragen werden. Darüber hinaus ist ein Wordclock I/O mit Loop Sync-Funktion zur Synchronisation digitaler Audiosignale integriert. Alle Parameter lassen sich am Gerät selbst über drei frontseitig bedienbaren LCD-Farbdisplays mit Drehreglern bearbeiten. Alternativ kann das Audiointerface auch mit dem hauseigenen Hardware Controller RedNet R1 oder via kostenlos auf der Hersteller-Website herunterladbarer Software RedNet Control 2 für Apple OS und Microsoft Windows ferngesteuert werden.

Ausstattung und Anschlüsse

Das Audiointerface beeindruckt mit einer massiven Aluminium-Frontblende in einer Höheneinheit im bekannten Focusrite-Rot und einem in Schwarz gehaltenem 19-Zoll-Stahlblechgehäuse mit knapp fünf kg Gewicht und 343 mm Tiefe. Das hochwertig verarbeitete und stabile Gerät wird aktiv mit zwei rechts angebrachten 40-mm-Lüftern gekühlt und kann mit maximal 40 °C Umgebungstemperatur betrieben werden.

Geboten werden rauscharme AD/DA-Wandler mit Abtastraten von 44.1 kHz, 48 kHz, 88.2 kHz, 96 kHz, 176.4 kHz, 192 kHz bei 24-Bit-Auflösung und einem Dynamikumfang von 119 dB (A-gewichtet) mit bis zu 63 dB Verstärkung. Alle Mikrofon- und Line-Vorverstärker verfügen über eine zuschaltbare AIR-Funktion, die in Anlehnung an die analogen ISA-Mikrofonvorverstärker aus gleichem Hause einen seidigen, mittenbetonten Klangcharakter emulieren soll. Hierbei werden Eingangssignale bei 10 kHz mit zwei Dezibel angehoben und bei 20 kHz um zwei Dezibel abgesenkt (bez. auf 1 kHz).

Je nach Abtastrate steht eine unterschiedliche Anzahl von digitalen Ein- und Ausgängen zur Verfügung.

  • 44.1/48 kHz: 2 x SPDIF, 8 x ADAT 1, 8 x ADAT 2, 32 x Dante
  • 88.2/96 kHz: 2 x SPDIF, 4 x ADAT 1, 4 x ADAT 2, 32 x Dante
  • 176.4/192 kHz: 2 x SP/DIF, 2 x ADAT 1, 2 x ADAT 2, 16 x Dante

Frontseitig dominiert das mittig angebrachte, dreiteilige LC-Display und links und rechts davon angebrachte Drehregler mit Druckfunktion zur Bestätigung von Eingaben, sowie jeweils vier beleuchtete Schalter zur Auswahl von Displayanzeigen wie Meter für digitale und analoge Signale. Sowohl die Display-Anzeigen als auch alle Leuchten lassen sich auch bei Tag gut im Rack erkennen.

Links außen sind zwei Instrumenteneingänge mit symmetrischen 6,3-mm-Buchsen untergebracht, rechts außen befinden sich zwei unabhängig voneinander regelbare Kopfhörereingänge mit 6,3-mm-Klinkenbuchsen sowie der Netzschalter. Praktisch, denn somit entfällt nach einem Rack-Einbau das mühselige Suchen auf der Rückseite.

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Auf der besagten Rückseite geht es gedrängt, aber übersichtlich zu. Links außen befindet sich der 3-Pol-Kaltgerätestecker für das intern verbaute Netzteil, dass 100 – 240 Volt mit 50/60 Hz verarbeitet und damit weltweit im Studio oder on Tour seine Dienste verrichten kann. Direkt daneben sind zwei RJ-45 Ethernet-Buchsen untergebracht, die eine Kommunikation mit einem Dante-Netzwerk herstellen. Es folgen BNC-Wordclock-Ein- und -Ausgänge und zwei Thunderbolt 3-Anschlüsse.

Direkt darunter sind zwei TOSLINK-Paare für optische Ein- und Ausgänge untergebracht, die entweder digitale Daten im ADAT- oder SP/DIF-Format übertragen können. Beide optische Buchsen können ADAT-konform jeweils maximal acht Audiosignale mit bis zu 48 kHz Abtastrate oder vier Audiosignale mit bis zu 96 kHz verarbeiten. Mittig oben befinden zwei Mini DigiLink Primary-Buchsen zum Anschluss an AVID Pro Tools mit entsprechender Pro Tools HDX PCIe-Karte oder Pro Tools HD Native System.

Mittig unten dann zwei Chinch-Buchsen für SP/DIF-Ein- und Ausgang und zwei Monitor-Ausgänge in Form von 6,3-mm-Buchsen. Alle acht Line-Ein- und Ausgänge wurden mittels DB25-Buchsen realisiert. Zu guter Letzt sind rechts außen zwei Mikrofoneingänge als XLR-Buchsen untergebracht. Wie alle Anschlüsse des Audiointerfaces sind auch diese hochwertig und stabil mit dem sauber verarbeiteten Gehäuse verbunden.

Mit der kostenlos auf der Hersteller-Website herunterladbaren Software „Rednet Control“ lassen sich alle relevanten Parameter des Gerätes am Computer konfigurieren. Insbesondere die Routing-Optionen sind aufgrund der Anzahl digitaler Anschlüsse umfangreich. So lässt sich beispielsweise mit Rednet Control auswählen, ob alternativ zum Cinch-Anschluss S/PDIF-Signale optisch genutzt werden.

dante02

Die Kanalzuordnung im Dante-Audionetzwerk wird über den Dante Controller schnörkellos eingestellt. Dank der Dante virtuellen Soundkarte (DVS) lässt sich dann beispielsweise eine insgesamt 32 mal 32 große Signal-Matrix verwalten.

bx console Focusrite sc

Erst nach Registrierung des Gerätes lassen sich zusätzlich Audio Plug-Ins wie Brainworx bx_Console Kanalzug (virtuelle Emulation der original Focusrite Studio Konsole), sowie Focusrite Red 2 und Red 3 (EQ- und Kompressor-Emulation der Focusrite Red-Effektgeräte) nutzen. Darauf wollen wir hier nicht weiter eingehen.

Praxis

alphaton Red8line

Der Anschluss des Audiointerfaces verlief erwartungsgemäß schnell und unproblematisch. Während Apple-Systeme das Audio-Interface dank Complete Control 2 ohne zusätzliche Treiber erkannten, war eine zusätzliche Installation Windows-Treibern für Dante notwendig, die aber nach wenigen Minuten abgeschlossen war. Die für beide Plattformen online herunterladbare Rednet Control 2-Software erkannte das angeschlossene Gerät nach Installation reibungslos. Ein Thunderbolt 3-Kabel mit ca. zwei Meter Länge gehört übrigens zum Lieferumfang. Windows-Systeme mit Intel CPU und Thunderbolt-Interface benötigen jedoch unter Umständen einen Thunderbolt 3- auf Thunderbolt 2-Adapter. Dieser ist nicht im Lieferumfang enthalten und muss separat erworben werden.

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Angesichts der komplexen Signalfluss-Optionen mit unterschiedlichen Routings für Dante-Audionetzwerk, Thunderbolt sowie analoger Audiokanäle war das individuelle Anlegen und Speichern von Presets mittels Rednet Control Software eine echte Arbeitserleichterung. Aufgefallen ist uns hierbei, dass das Signal-Routing die individuelle Zuordnung der beiden Line-Eingänge 1 und 2 zum jeweiligen Mikrofon- und frontseitigem Instrumenteneingang erlaubt und somit diese je nach Anwendung nicht am DB25-Anschluss zur Verfügung stehen.

Positiv überrascht waren wir von den kaum wahrnehmbaren Lüftern, trotz ihrer Größe von 40 mm. Viele Mitbewerber haben sie: XLR-Kombibuchsen frontseitig. Diese hätten wir gerne während der Testphase genutzt, statt separaten Klinken- und XLR-Anschluss für Instrumente und Mikrofone auf der Vor- und Rückseite. Während des Tests nutzten wir unterschiedliche Mikrofone von Neumann und Rhode, die aufgrund der rückseitigen XLR-Anschlüsse mit entsprechenden Kabeln versehen wurden. Schon vor Rack-Einbau empfiehlt sich daher die Anbindung an eine frontseitige Patchbay oder ausreichend lange XLR-Kabel, da man später ansonsten das Gerät mühselig aus dem Rack ausbauen muss. Auf der anderen Seite erscheint eine Trennung beider Anschlussarten als Vorteil, denn XLR-Mikrofonanschlüsse ändern sich im stationären Betrieb nicht so häufig wie Instrumenteneingänge. Dank des einfachen Routings mittel Rednet Control ist der Signalfluss schnell änderbar.

Die separat regelbaren Kopfhörer-Ausgänge verrichteten ihre Dienste während der gesamten Testphase angenehm unauffällig bei konstant leisen, als auch bei hochdynamischen Pegeln. Sowohl beim geschlossenen Beyerdynamic DT770 mit 250 Ohm als auch beim offenen AKG K812-Kopfhörer mit seinen gerade mal 36 Ohm erzielten wir gute und auch rauscharme Klangergebnisse. Bei Umgebungsgeräuschen im Proberaum konnten wir ausreichend laut das Kopfhörersignal verstärken, was insbesondere on Tour beim Soundcheck mit geschlossenem Kopfhörer hilfreich sein dürfte.

Keine Überraschungen erlebten wir bei Aufnahmen und Mischungen in unterschiedlichen Abtastraten. Das Audiointerface beeindruckt wie seine Verwandten aus der Red-Serie mit fein auflösenden Wandlern, die weder harsch noch kalt klingen. Ob akustische Gitarren oder Gesangspassagen – das Focusrite Red 8Line überzeugte uns aufgrund der musikalischen Präsenz und neutraler Dynamik. Funk-Bässe via Instrumenteneingang und Dobro-Passagen, mit zwei Neumann U87 abgenommen, wurden transientenreich aufgenommen. Die Pegelanpassung der Vorverstärker arbeitete bis zu 36 dB Anhebung im Studio ohne hörbares Rauschen und blieb selbst bei extremen 54 dB rauscharm. Die AIR-Funktion ist einfach und schnell am besten via Rednet Control aktivierbar, sorgte aber während unserer Aufnahmesessions für durchwachsene Ergebnisse. Insbesondere bei Gesangsaufnahmen war das Ergebnis stark abhängig vom Mikrofon und der Darbietung – mal seidig oder überspitzt. Hier empfiehlt sich ein ausführliches Testen abhängig vom Signalweg und verwendeter Hardware.

Fazit

Hier noch die Preise: das Focusrite Red 8Line liegt bei ca. 2.600 Euro und das Focusrite Red 16Line bei ca. 3.000 Euro. Das Focusrite Red 8Line hat es im wörtlichen Sinne in sich und beweist eindrucksvoll, wie flexibel und hochwertig aktuelle Audiotechnik in nur einer Höheneinheit untergebracht werden kann. Mal abgesehen von der breiten Palette von digitalen Schnittstellen wie Mini DigiLink Primary, ADAT und Dante sowie den acht analogen Ein- und Ausgängen via DB25-Schnittstelle und der umfangreichen Software-Steuerung klingt das Teil einfach gut. Die Latenzen halten sich selbst bei 192 kHz Abtastrate erfreulicherweise in Grenzen.

Die DAW-Anbindung funktioniert tadellos und die mitgelieferte Software ist alles andere als bloßes Beiwerk, sondern praktisches Werkzeug für den Tour- oder Studioalltag. Darüber hinaus gewährt Focusrite eine dreijährige Produktgarantie für alle beim autorisierten Fachhändler erworbenen Geräte. Und wem acht analoge Kanäle zu wenig ist, der greift am besten gleich zum Focusrite Red 16Line.

www.focusrite.de