Tascam Dante Compact Processor-Serie

Autor und Fotos: Peter Kaminski

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Tascam bietet eine ganze Serie von Dante-Audio-Interfaces/DSP-Prozessoren an. Ein Punkt möchten wir schon vorwegnehmen: besonders interessant sind die Interfaces wegen der internen DSP-Funktionalität, auf die wir in dem Beitrag im Detail eingehen werden. Die komapkten Prozessoren bieten mehr, als es der erste Anschein vermuten lässt.

Konzept und Technik

Tascam bietet eine ganze Reihe von Dante-Interfaces mit unterschiedlichsten Konfigurationen und Gehäuseformaten an. Unser Augenmerk richtet sich auf die kompakten Geräte im Tischgehäuse (1/2 19-Zoll-Format) mit internen DSP, von denen es vier Geräte in zwei Varianten gibt und zwar jeweils mit XLR-Buchsen oder mit Euroblock-Anschlüssen.

Die Geräte werden mit Befestigungswinkel geliefert, so dass sie sich auf oder auch unter einer Platte befestigen lassen. Die Montage in einem 19-Zoll-Rack ist nicht vorgesehen. Dafür bietet Tascam ja die Dante-Interfaces ML-16D und ML-32D an. Wir haben zwei Geräte der Serie getestet und zwar das MM-2D und das ML-4D, an denen sich sehr gut die Vielfalt der Geräteserie veranschaulichen lässt.

ml4d 2

Kommen wir als erstes einmal zum ML-4D/Out. Auf der Frontplatte wird der Einschaltzustand, die Abtastrate (44,1 oder 48 kHz bzw. x2 also 88,2 oder 96 kHz) sowie Signale an den Ausgängen über LED-Indikatoren angezeigt.

ml4d rear

Das ML-4D/Out bietet vier Dante-Ein- und Ausgänge sowie vier analoge, symmetrische Line-Pegel-Ausgänge als XLR (wie beim Testgerät im Foto oben) oder mit Euroblock-Anschlüssen.

Das Gerät wird auch als ML-4D/In angeboten, dann eben mit vier analogen Ein- statt Ausgängen. Diese Eingänge lassen sich auf Mikrofon- oder Line-Pegel umschalten und auch eine individuell zuschaltbare 48-Volt-Phantomspeisung ist an den Eingängen verfügbar.

Die Geräte der Serie lassen sich über ein Steckernetzteil mit Betriebsspannung versorgen und es gibt auch eine Buchse mit der man mehrere Geräte kaskadiert mit Betriebsspannung versorgen kann. Alle Geräte der Serie verfügen auf der Rückseite über zwei Ethernet-Anschlüsse, wobei einer auch die Speisung über Power-over-Ethernet (PoE) gestattet (PoE Klasse 0, Leistung ca. 6 Watt). Die hier vorgestellten Tascam Dante-Interfaces lassen sich ausschließlich in 1-GBit-Netzwerken betreiben. Für Dante dies sowieso vorzusehen, insofern kein Nachteil.

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Das MM-2D (siehe Front oben und Rückseite unten) neben vier Dante Ein- und Ausgänge zwei analoge Ein- als auch zwei analoge Ausgänge. Auf der Front werden neben Status, Abtastrate und Ein- und Ausgangssignalpräsenz auch noch ein Overload, also Übersteuerung bei den Eingängen via LEDs angezeigt.

mm2d rear

Es gibt noch ein viertes Gerät und zwar das AE-4D, welches statt zwei analoge Ein- und Ausgänge 2 x AES-3 Ein- und 2 x AES-3 Ausgänge bietet, also je vier digitale Ein- und Ausgänge neben den vier Dante Ein- und Ausgängen. Die Signalpräsenz auf den AES-3-Ein- und Ausgängen wird auf der Frontplatte mit acht LEDs angezeigt.

DSP und DCP Connect Software

Kommen wir nun zur "DCP Connect" Steuer-Software für Dante-Interfaces von Tascam, die sowohl für Windows 7, 8.1 und 10 als auch für  MacOS (ab Version 10.12) sowie für iOS (ab iOS 10) und Android angeboten werden. In allen Versionen gibt es übrigens auch ein Demo-Modus (siehe Abb. unten auf einem iOS-Gerät), mit dem man die Software auch ohne angeschlossenen Geräte im Netzwerk probebedienen kann. Klar ist es natürlich, dass sowohl Geräte als auch die Steuerrechner bzw. Tablets sich im selben Netzwerk befinden müssen, damit die Fernsteuerung funktioniert. Ggf. muss man einen WLAN-Router für den Tablet-Betrieb in das Dante-Netzwerk einbringen.

demo app

Nun zu der Funktionalität der Software, worüber sich auch die DSP-Funktionalität aufzeigen lässt. Vorab muss man erklären, dass die vier kompakten Dante-Interfaces von Tascam intern über einen DSP verfügen, der sowohl ein Signal-Routing, eine Bearbeitung der Ein- und Ausgangssignale sowie einen Audiomischer bietet. Die Konfigurationen lassen sich über eine Preset-Verwaltung (s. Abb. unten) speichern und wieder laden.

1 presets

Die Geräte im Netzwerk werden nach dem Hochfahren der Software erkannt und links in der Oberfläche zur Auswahl angeboten. Je nach Gerätetyp stehen bestimmte Reiter in der Software-Oberfläche nicht zur Verfügung. Wir haben hier einmal das MM-2D in den folgenden Beispielen verwendet, denn es bietet ja Ein- und Ausgänge, so dass man die gesamte Funktionalität gut erklären kann. 

2 input b

Die analogen Eingänge oder bei AE-4D die digitalen Eingänge, werden unter dem Reiter Input angezeigt. In diesem Fall (s. Abb. oben) beim MM-2D eben zwei Stück. Über den Fader lässt sich der Pegel einstellen, Eingänge lassen sich gruppieren und über das Lautsprechersymbol auch stummschalten. Die Pegel werden in den Dialogen immer als Bargraf-Meter angezeigt. Durch Klicken auf die Kanalparameter oder Kompressor/EQ-Feld öffnet sich ein Dialog, in dem sich die Kanalparameter einstellen lassen (s. Abb. unten).

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Ganz oben im Dialog kann man den zulässigen Eingangspegel umschalten, die Verstärkung verändern und den Pegel trimmen, eine Dämpfung zuschalten (24 dB), die 48-Volt-Phantomspeisung aktivieren und auch die Phase umkehren.

Der Eingangs-Einstelldialog ist über zwei Reiter in Kompressor (s. Abb. oben) und Equalizer (s. Abb. unten) aufgeteilt. Der Kompressor bietet dabei alle üblichen Parameter wie Anstiegszeit (2 ... 200 ms), Abfallzeit (10 ... 1.000 ms), Schwellwert (0 ... -16 dB), Kompressionsverhältnis (1:1 ... 16:1, bzw. unendlich) und Verstärkung (4 ... 16 dB).

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Beim Input-Equalizer handelt es sich um ein zweifach-vollparametrischen EQ sowie Low/High-Shelving. Die Werte lassen sich sowohl unten in den Parameterfeldern ändern als auch oben in der Grafik durch die Computer-Maus.

3 mixer

Der Mischer kann über einen Schalter oben rechts auch komplett ausschalten werden, so dass die Eingänge direkt auf die Ausgänge gelegt werden. Der Mischer lässt sich über vier Reiter auf der linken Seite zwischen vier Mixe umschalten und auch ein Mix-Master-Fader pro Mischung wird geboten. Wenn man rechts auf das Feld Ducking/ANC klickt geht ein entsprechender Dialog auf (s. Abb. unten) mit dem sich eben Ducking und sogar Hintergund-Geräuschunterdrückung realisieren lässt.

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Das Verschalten der Hardware-Eingänge, der Dante-Netzwerk-Inputs sowie der vier Mix-Ausgänge auf die Hardware- und Dante-Ausgänge erfolgt über den Routing-Dialog (s. Abb. unten). Mit der Maus lassen sich die Routing-Punkte aktivieren, bzw. deaktivieren.

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Auch für die Ausgänge lassen sich Pegel einstellen und zudem gibt es auch hier Equalizer, Limiter und ein Delay in jedem Hardware-Ausgang.

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Der Ausgangs-Equalizer (s. Abb. unten) ist sogar noch etwas umfangreicher. Er bietet acht vollparametrische Bänder sowie High/Low-Shelving/Cut. Auch hier lässt sich die Phase umkehren und der Schwellwert des Limiters im Bereich von 0 bis -54 dB einstellen.

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Das Delay, dessen Dialog über den zweiten Reiter aufgerufen werden kann (s. Abb. unten), lässt sich im Bereich von 0 bis 300 Millisekunden einstellen und das auf 0,02 Millisekunden genau über ein Fader, Inkremental-Tasten (+/- für Millisekunden, 1/10 und 1/100 ms) oder direkt durch Zahleneingabe.

12 delay

Über den Settings-Dialog lassen sich noch grundsätzliche Systemparameter, wie Gerätename und Referenzpegel sowie LED-Helligkeit anpassen (s. Abb. unten) und über Change Network Setting die IP-Einstellungen (DHCP oder feste IP mit den entsprechenden Adressen etc.). Durch Anklicken von "Identify" leuchten dann die LEDs des entsprechenden Gerätes heller, so dass man weiß welches physikalische Gerät man gerade bedient.

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EZ Connect

Über den letzten Reiter wird der Dialog EZ Connect aufgerufen (s. Abb. unten). Dazu muss man etwas weiter ausholen. Die Tascam-Software DCP Connect dient der Steuerung auf Administrations-Ebene. Mit der Software EZ Connect dagegen kann man gezielt bestimmte Parameter Anwendern zugänglich machen, die keine technischen Erfahrungen haben.

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Die Software EZ Connect steht ebenfalls wieder für die Plattformen Windows, MacOS, iOS und Android bereit und lässt sich, wie die DCP Connect Software, kostenfrei von der Tascam-Web-Site herunterladen. Welche Parameter man in welchen Zonen - hier Area genannt - bereitstellen möchte, lässt sich mit dem EZ Connect Dialog in der DCP Connect Software festlegen (s. Abb. oben).

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In diesem Beispiel eben Fader für die beiden analogen Ein- und Ausgangspegel die nun in der EZ Connect Software nach einem Login sichtbar werden (s. Abb. oben, Beispiel hier iOS auf einem iPhone).

Praxis

desktop

Das Updaten der Tascam Dante-Interfaces erfolgt über zwei Wege und zwar lässt sich das Dante-Modul über den Dante-Updater von Audinate aktualisieren und die Geräte-Firmware stellt Tascam bereit. Zurzeit des Tests (Oktober 2019) gab es aber keine Updates. Wir konnten während des Tests auch keine Fehler oder Auffälligkeiten entdecken. Alles lief einwandfrei.

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Im Dante Controller tauchen entsprechend dem Interface-Modell, gewohnt die entsprechenden Ein- und Ausgänge auf (s. Abb. oben), die wir in dem Beispiel mal mit einer DAW verbunden haben. Die Latenz der Interfaces lässt sich in drei Stufen einstellen und zwar 1, 2 und 5 Millisekunden. In der Praxis hat sich auf einer X2 DAW von Xi-Machine mit Dante Virtual Soundcard ein Gesamtlatenz von ca. zwei Millisekunden ergeben.

Bei Vergleich der Klangqualität der Interfaces mit den Originalsignalen muss man den kleinen Tascam-Dante-Interfaces ebenfalls sehr gute Noten bescheinigen. Der Klang ist sehr neutral und zudem rauscharm. Ein kleiner Wehrmutstropfen ist, dass es keine Stereobearbeitung gibt. Für Stereoanwendungen, zum Beispiel bei Zuspielern etc., kann man dann aber die Group-Funktionalität nutzen.

Die Bedienung über die DCP Connect Administrations-Software ist für einen Audioprofi, dank der guten Strukturierung, völlig selbsterklärend und intuitiv ohne Handbuchnutzung möglich. Da muss man ein großes Lob aussprechen. Die EZ Connect Endanwender-Software stellt selbst den/die Technik-unbegabtesten Hausmeister/in vor keiner Herausforderungen.

Fazit

Nun zu den Preisen. Es gibt preislich keinen Unterschied zwischen den Versionen mit XLR-Buchsen und denen mit Euroblock-Anschlüssen. Tascam nennt folgende Preisempfehlungen: AE-4D 639 €, ML-4D/Out 639 €, MM-2D 695 € und MM-4D/In 799 €. Keine Frage, dass dies für die gebotene Funktionalität ein angemessener Preis ist.

Beim ersten Blick auf das Gerät und auch in die Produktbroschüre ahnt man noch gar nicht welches Potential diese kleinen Tascam Dante-Interfaces bieten. Die Bezeichnung Audio-Interfaces ist eigentlich falsch, denn die Hardware-, sowie virtuellen Dante-Netzwerk-Ein- und Ausgänge sind eher Beiwerk für die vielfältige DSP-Funktionalität wie Mischer, Equalizer, Dynamikbearbeitung, Laufzeitkompensation über Delays etc., die in den Geräten steckt.

Anwendungen sind ohne Frage im Festinstallationsbereich, Konferenz- und Event-Technik aber auf Grund der umfangreichen Funktionalität sicherlich auch in vielen anderen Bereichen als Ein-/Ausspielstation und Audioproblemlöser. Mit mehreren dieser Geräte und anderen Dante-Produkten lassen sich auch komplexeste Anforderungen, dank der Funktionalität und vor allem Flexibilität der Tascam Dante-Interfaces, erfüllen.

www.tascam.de