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TASCAM Audio-Recorder DR-70D und DR-701D

Autor: Erol Ergün | Fotos: Peter Kaminski

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Schon lange besitzen DSLR-Kameras neben ausgereifter Fototechnologie auch professionelle Videofunktionen, die für relativ wenig Geld eine hochwertige Filmoptik liefern. Aufgrund der kameratypischen Bauform fehlen meist jedoch professionelle Anschlüsse für Mikrofonaufnahmen, die mit externen Geräten nachgerüstet werden müssen. Tascam hat drei Geräte mit unterschiedlichen Ausstattungsmerkmalen im Angebot: DR-60DMK2, DR-70D und DR701D. Wir haben die Modelle DR-70D (Foto oben) und der DR701D (Foto unten) getestet, wobei der Focus auf letzterem lag.

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Konzept

Der DR-70D und DR-701D Audiorecorder besitzen ähnliche Gehäuse und hintergrundbeleuchtete LCD-Displays mit 128 x 64 Pixeln sowie identischen Digital Signal Prozessor von Analog Devices, der für die digitale Audioverarbeitung zuständig ist.

Beim DR-70D lassen sich maximal vier Audiokanäle aufnehmen. Der DR-701D ist das Flaggschiff der Serie und verarbeitet simultan zusätzlich zu den vier Tonspuren eine Stereomischung auf einer Speicherkarte im WAV- oder BWF-Format mit einer Wortbreite von 16 oder 24 Bit sowie Abtastraten von 44.1, 48 und 96 kHz bei einem Übertragungsbereich von 20 Hz bis 40 kHz (+0,5/–3 dB) entsprechend JEITA-Standard CP2150. Reichen zwei Audiokanäle, kann der DR-701D sogar mit einer Abtastrate von 192 kHz aufzeichnen bei einem Frequenzgang von 20 Hz bis 80 kHz (+0,5/–5 dB). Alle XLR-Eingänge verfügen über 48- oder 24-Volt-Phantomspeisung, um sowohl unterschiedliche Richt- als auch Lavalier-Mikrofone am Set einsetzen zu können. Hierbei beträgt der maximale Eingangspegel beim DR-701D +4 dBu, beim DR-70D 0 dBu.

Beide Recorder verfügen über vier Verstärkeranpassungen des Mikrofonsignals. Hier bietet der DR-701D mit LOW +20 dB, MID +40 dB, HIGH +52 dB, HI+PLUS +64 dB etwas mehr Reserven als der kleine Bruder DR-70D mit LOW +21 dB, MID +36 dB, HIGH +51 dB, HI+PLUS +63 dB. Der Fremdspannungsabstand beträgt beim DR-70D mehr als 92 dB, beim großen Bruder DR-701D über 100 dB.

Alternativ sind über einen separaten 3,5-mm-Klinkeneingang Kleinmikrofone mit bis zu +10 dBV zuschaltbar. Der DR-701D verfügt zusätzlich über Optionen zur Synchronisation von Kameras und SMPTE-Generatoren.

Beide Recorder verfügen über ein Batteriefach, welches mit vier handelsüblichen AA-Batterien oder -Akkus bestückt werden kann. Optional ist ein Batteriepack sowie ein Netzteil erhältlich, dass mittels USB-Anschluss den DR-70D oder DR-701D mit Strom versorgt.

Gehäuse und Anschlüsse

 Beide Geräte sind aus stabilem Leichtmetall gefertigt und vermitteln einen hochwertigen Eindruck. Jeder Zentimeter wurde mit Bedienelementen und Anschlüssen versehen. Die Oberseite ziert eine abnehmbare Halterung aus stabilem Metall mit großer Rändelschraube für DSLR-Kameras mit handelsüblichen 1/4-Zoll-Gewinde. Benötigt man die mit vier Schrauben befestigte Halterung nicht, lässt sich diese mit einem Schraubenzieher oder einer Münze leicht abmontieren. Auf der Unterseite ist zusätzlich ein Stativgewinde integriert, was den Einsatz mittels Adapter auch oberhalb einer Kamera erlaubt.

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Die Dimensionen des DR-70D (Foto oben) liegen bei 169 mm Breite, 107 mm Tiefe und 55 mm Höhe bei einem Gewicht von 530 g ohne Batterien.

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Der DR-701D (s. Foro oben) ist aufgrund seiner Ausstattung mit 169 mm Breite, 113,5 mm Tiefe und inklusive DSLR-Halterung 57,3 mm Höhe sowie einem Gewicht von 561 g ohne Batterien etwas größer und schwerer.

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Auf der Vorderseite (s. Foto oben) befinden sich bei beiden Recordern links und rechts außen zwei eingebaute Elektret-Kondensatormikrofone mit Kugelcharakteristik für A/B-Stereoaufnahmen.

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Mittig befindet sich hinter einer Plastikabdeckung neben dem SD-Kartenschacht das Batteriefach, in dem sich vier AA-Batterien ohne aufwendigen Abbau des Setups während des Drehs austauschen lassen. Je nach Aufnahmedauer und Abtastrate lassen sich SD-Karten mit maximal 2 Gigabyte, SDHC-Karten mit bis zu 32 Gigabyte sowie SDXC-Karten mit maximal 128 Gigabyte nutzen.

Auf der dem Anwender zugewandten Seite befindet sich linksseitig das hintergrundbeleuchtete LCD-Display, über das sich alle Funktionen in Form von Menüs aufrufen lassen. Mittig sind vier Regler für das anliegende Mikrofon-Eingangssignal sowie Übersteuerungsanzeigen in Form von LEDs angeordnet.

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Rechtsseitig dominiert das Datenrad, mit dem man durch Druck auf das Rad Menüpunkte aktivieren, sowie durch Drehen Menüfunktionen auswählen und Werte verändern kann. Direkt daneben sitzen kleine Transporttasten, mit denen mittels Stopp, Wiedergabe, Startpunkt, Endpunkt in aufgenommenen Audiodateien navigiert wird. Die rechts oben platzierte Record-LED sowie die Dual-Record-LED sind oberhalb des Aufnahmebutton platziert und während des Betriebs auch bei schlechter Beleuchtung gut sichtbar.

Unterhalb des Aufnahmetaster haben die Entwickler einen Slate-Taster spendiert, der als digitaler Ersatz einer Synchronklappe dient und hilfreich bei der Zuordnung von Audiodateien in der Postproduktion ist. Hierbei stehen drei unterschiedliche Betriebsarten zur Verfügung und zwar ein Sinuston:

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Der DR-701D verfügt im Gegensatz zum DR-70D auf der linken Gehäuseseite neben Word-Clock-Eingang (BNC) für Timercode -Quelle auch über HDMI-Anschlüsse. Damit lassen sich Aufnahmen mittels HDMI-Ein- und Ausgang automatisch gleichzeitig mit der Videoaufnahme einer angeschlossenen DSLR-Kamera starten und stoppen, was die Nachbearbeitung sehr erleichtert. Voraussetzung ist hierbei, dass die Kamera den sogenannten „Clean HDMI Mode“ beherrscht, bei dem das Kamerasignal parallel zum Sucherdisplay ausgegeben wird. Ansonsten finden sich hier auch ein 2.0 USB-Anschluss (Typ B) für die Stromversorgung und einen etwaigen Computer-Anschluss zum Datenaustausch. Mit dem zusätzlichen Kamera/Line-Ausgang als Miniklinke ist eine Rückführung des Kameratons zur Kontrolle über den Kopfhörerausgang möglich.

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Auf der rechten Gehäuseseite befinden sich drei stabile XLR-Kombi-Buchsen für den sicheren Anschluss von Mikrofonkabeln und der Ein-/Aus-/Hold-Schalter. Darüber hinaus besitzt der DR-701D (s. unteres Foto) im oberen Bereich einen Miniklinke-Kopfhörerausgang nebst Pegelrad sowie einen externen Eingang in Form einer 3,5 mm-Stereoklinkenbuchse für externe Audioquellen oder Kleinmikrofone. Hierfür kann im Menü eine Versorgungsspannung aktiviert werden, falls das externe Mikrofon keine eigene Stromversorgung besitzt. Ein dreipoliger Fernbedienungsanschluss mit 2,5-mm-Klinke erlaubt die Nutzung der optional erhältlichen Kabelfernbedienung, die eine direkte Funktion ohne umständliche Menüführung erlaubt, wie zum Beispiel Klappensignal sowie Start und Stopp von Aufnahmen.

Besonderheiten

Beide Geräte können Mikrofonsignale im MS-Format dekodieren (Mitte/Seiten-Stereofonie), um in der Nachbearbeitung das Klangbild zu bearbeiten. Mit der Firmware-Version 2.0 ist es beim DR-701D möglich, Ambisonics-Aufnahmen mit dem VR Mic von Sennheiser für 360-Grad-Videos durchzuführen. Dank der in der Firmware implementierten Formate AmbiX und Furse-Malham (FuMa) können Vierkanalaufnahmen in einer Audiodatei abgespeichert werden.

Wer bei Stereoaufnahmen in Bezug auf dynamische Audiosignale wie Dialoge und Effektgeräusche auf Nummer Sicher gehen will, kann die Dual-Recording-Funktion nutzen, die beim DR-70D und DR-701D implementiert ist. Hierbei wird eine zusätzliche Audiodatei mit einem bis zu zwölf Dezibel geringerem Pegel als Backup aufgezeichnet, um auf jeden Fall eine nicht übersteuerte Aufnahme während des Drehs zu gewährleisten. Sehr schön: Eine LED leuchtet auf der Geräterückseite beim Betrieb des Dual-Recording-Modus. So spart man sich den Kontrollaufruf im Menü.

Praxis

Im Test erwies sich das auf der Unterseite integrierte Stativgewinde als sehr hilfreich, um den DR-701D mit verbundener DSLR auf einem Videostativ sicher zu befestigen. Schließlich können bis zu vier XLR-Adapter sowie HDMI- und Kopfhörerkabel angeschlossen werden und benötigen stabilen Halt. Aufgrund der großen Rändelschraube ließ sich unsere Canon D70 DSLR-Kamera fest mit der Oberseite des DR-701D verbinden und beim Abbau problemlos wieder lösen. Aufgrund der seitlichen Mikrofonanschlüsse benötigen beide Geräte, insbesondere bei XLR-Anschlüssen, ca. 10 bis 15 cm Platz, was bei der Konfiguration eines Video-Rigs für einiges Kopfzerbrechen sorgen kann.

Die Menüführung ist aufgrund des linearen Aufbaus zunächst etwas gewöhnungsbedürftig. Die Optionen zur Einstellung sind recht umfangreich und bieten Parameter von Eingangswahl, Mischer, Phasen, Laufzeitanpassungen, Trittschallfilter, Klappe Sinuston, Limiter, Pegel, Stromversorgung über Datenbenennung, Timecode, Dual-Aufnahmen bis hin zu Systemeinstellungen. Nach einer kleinen Eingewöhnungsphase ging die Einstellung von Werten wie Phantomspeisung, Kanalzuweisung und Vorverstärkerpegel jedoch flott von der Hand.

Aufgrund des kompakten Designs sind die Transporttasten sehr eng untereinander platziert, was die Bedienung im laufenden Betrieb für Anwender mit großen Fingern etwas fummelig machte. Praktisch: Der Ein- und Ausschalter verfügt über eine Hold-Schaltung, die eine Änderung von Einstellungen während der Aufnahme verhindert. Eine echte Hilfe, die bei Schwenks und Kamera-Zooms das unbeabsichtigte Ändern der Pegelregler oder Transporttasten blockierte.

Aufgrund der vier wählbaren Pegelbereiche der Mikrofonvorverstärker lassen sich unterschiedlichste Mikrofontypen individuell anpassen. Bei hoher Verstärkung HI+PLUS fiel unabhängig vom Ansteckmikrofon ein hörbarer Rauschpegel bei beiden Geräten auf, der sich jedoch signifikant bei Level HI und höherer Aussteuerung reduzierte und sich in der Nachbearbeitung problemlos bearbeiten lies. Die integrierten Mikrofone lieferten zwar ein authentisches Stereobild, eignen sich jedoch aufgrund der Kugelrichtcharakteristik und Windempfindlichkeit nur für ruhige und Hall-arme Aufnahmeräume.

Alles in Allem arbeiteten die Vorverstärker mit externen Mikrofonen und DSP-Algorithmen sowohl bei Sprach- und Effektaufnahmen mit dynamischen Signalen unauffällig klar, präsent und verzerrungsfrei. Besonders hilfreich sind der Multiband-Limiter und der variable Tiefbassfilter mit Einstellungen von 50, 80, 120 und 220 Hz. Für kleine Sets mit zwei Mikrofonen wie zum Beispiel für Interviews ist die Dual-Record-Funktion eine praktische Hilfe, die ein Extra an Sicherheit bietet. Im Test kam es einige Male vor, dass sich während des Mitschnitts von Diskussionen der eine oder andere Gesprächspartner lautstark äußerste, was zu leichten Übersteuerungen führte. Dank aktiviertem Dual Recording konnten wir jedoch die zweite, um 8 dB leisere Spur verzerrungsfrei nutzen.

Zwar lässt sich der DR-701D mit handelsüblichen Batterien betreiben aber aufgrund des hohen Stromverbrauchs beim Einsatz mit aktivierter Phantomspeisung war bereits nach knapp drei Stunden ein Batteriewechsel notwendig. Bei mehrtägigen Videodrehs ist das ein kostspieliges Vergnügen, weswegen wir umgehend die Stromversorgung mittels USB-Anschluss nutzten.

Fazit

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Der DR-70D verfügt als günstigeres Modell gegenüber dem DR-701D über weniger Features, die sich jedoch sinnvoll voneinander abgrenzen. Zum Straßenpreis von ca. 260,00 EUR bietet der DR-70D eine hochwertige Aufnahme von bis zu vier Audiospuren mit bis zu 96 kHz bei 24 Bit in einem stabilen und leichten Gehäuse. Der integrierte DSP bietet zahlreiche Einstellungsmöglichkeiten, inklusive Dual-Record-Funktion, mit denen man professionell für wenig Geld als kleines EB-Team arbeiten kann.

Wer Synchronisationsoptionen benötigt, sollte sich den großen Bruder DR-701D mit einem Straßenpreis von ca. 460 Euro näher anschauen. Dieser integriert sich dank praktischem HDMI und Word Clock-Eingang bildsynchron in größere Sets und bietet darüber hinaus auch etwas bessere Audiowerte sowie eine Abstarate von bis zu 192 kHz.

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