Retevis RT40

Preiswertes analog/digital Funkgerät für lizenzfreien PMR-Frequenzbereich

Autor und Fotos: Peter Kaminski

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Das seit Ende 2017 verfügbare Funkgerät RT40 des nicht unbekannten chinesischen Herstellers Retevis bietet eine ganze Reihe von technischen Merkmalen, die in dieser Preisklasse bisher nicht zu finden sind. Da auch die Funkkommunikation bei Veranstaltungen natürlich eine Rolle spielt, wollen wir uns an dieser Stelle auch einmal mit einem Funkgerät beschäftigen.

PMR446

Die erste Besonderheit ist, dass das RT40 sowohl analoge als auch digitale Übertragung bietet und im lizenzfreien PMR-Frequenzsegment, welches europaweit genutzt werden kann, arbeitet.

PMR (Professional Mobile Radio), oder genauer gesagt PMR446, arbeitet im Frequenzbereich von 446,0 bis 446,2 MHz. In Deutschland darf hier mit bis zu 500 mW Leistung gearbeitet werden, was das RT40 auch tut. Es sind Frequenzen sowohl für den analogen (FM) als auch digitalen Betrieb vorgesehen. Zum 1. Januar 2018 wird die Anzahl der digitalen Kanäle noch erweitert. Es stehen dann neben den 16 analogen Kanälen im 12,5-kHz-Raster für digitale Modulationsverfahren 32 Kanäle im 6,25-kHz-Raster (z. B. für dPMR-Funkgeräte) und 16 Kanäle im 12,5-kHz-Raster (z. B. für DMR-Funkgeräte) zur Verfügung.

Mehr zu PMR446 findet man in der Verfügung 42/2016 der Bundesnetzagentur: [Download-Link als PDF-Dokument]

Zugelassen für den PMR446-Betrieb sind nur Geräte mit einer entsprechenden Zertifizierung über eine Konformitätserklärung. Dies ist beim RT40 der Fall. Da es sich beim PMR446 um eine Allgemeinzuteilung handelt, haben die Nutzer keinen primären Status und müssen unter Umständen mit Beeinträchtigungen rechnen. Durch Anwendung digitaler Übertragungsverfahren sowie Tonruf lassen sich Beeinträchtigungen in der Praxis in Grenzen halten. Zugelassen ist PMR446 zunächst bis Ende 2026.

DMR Tier-1

Womit wir auch schon beim nächsten Punkt wären. Neben der analogen Übertragung in FM bietet das RT40 auch die digitale Betriebsart DMR Tier-1. DMR (Digital Mobile Radio) ist über eine europäische ETSI-Norm standardisiert und im kommerziellen Betriebsfunk neben TETRA mittlerweile sehr weit verbreitet und bietet viele Leistungsmerkmale wie digitale Sprechgruppen, Color Codes und vieles mehr.

Es gibt drei Implementationsstufen von DMR für verschiedene Anwendungsbereiche und zwar DMR Tier-3 für Bündelfunkanwendungen, Tier-2 für Repeater-Anwendungen mit zwei Timeslots oder Direktverbindung und eben Tier-1 ausschließlich für Direktverbindungen von Funkgerät zu Funkgerät. Neben anderen digitalen Übertragungsverfahren ist DMR Tier-1 auch für PMR446 nutzbar.

DMR wird wegen der Systembandbreite im 12,5 kHz-Raster betrieben und daher stehen digital für PMR446 ab 1.1.2018 nun 16 digitalen Kanäle bereit. Bisher waren es lediglich acht Kanäle.

Technik und Ausstattung

Das Funkgerät verfügt über eine feste Antenne und ist inklusive Antenne 174 mm lang, also sehr kompakt und wiegt mit Akku lediglich 124 Gramm.

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Mitgeliefert wird eine Ladeschale mit Netzteil (USB-Ausgang) und USB-Kabel (nur zum Laden nicht zur Programmierung), Trageschlaufe sowie einem Kunststoff-Clip.

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Der Kunststoff-Clip lässt sich auf der Rückseite festschrauben (s. Abb. oben). Der Akku hat eine Kapazität von 1.700 mAh und bietet bei DMR-Betrieb, je nach Sprechdauer, bis zu zwölf Stunden Betriebszeit. Der Akku ist nicht fest verbaut und lässt sich auch tauschen. Ersatzakkus werden vom Hersteller angeboten.

Bedienung

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Die Gerätebedienung ist relativ einfach und wird vorkonfiguriert geliefert. Man kann also einschalten und direkt loslegen. Auf ein Display hat man beim RT40 verzichtet. Das Gerät verfügt neben verschiedenen Signaltonausgaben aber auch über Sprachausgabe. So werden zum Beispiel bei beim Wählen von Kanalgruppen oder Kanälen diese in englischer Sprache angesagt.

Es gibt zwei Drehgeber und zwar einen für die Kanalwahl und einen zweiten für den NF-Ausgangspegel. Mit diesem Drehgeber schaltet man das Funkgerät auch ein oder aus. Auf der rechten Seite unter einer Abdeckung befindet sich eine Klinkenbuchse für den Anschluss eines Headsets/Sprechgarnitur oder des speziellen Programmierkabels. Als Sprechgarnitur für das RT40 bietet Retevis speziell das EA011Y an, mit einem In-Ear-Ohrhörer sowie einem Ansteckmikrofon mit PTT-Schalter.

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Auf der linken Seite befinden sich drei Drucktaster und zwar einer für PTT (Push-to-Talk), also Sendebetrieb und zwei weitere Funktionstasten, die ab Werk vorbelegt sind, sich aber in der Funktion via Software umprogrammieren lassen. Dazu später mehr.

Ab Werk ist der obere der beiden Funktionstaster bei kurzem Drücken für die Umschaltung von drei Kanalgruppen mit je 16 Kanälen vorgesehen. Die erste Kanalgruppe ist mit 16 digitalen Kanälen mit unterschiedlichen Color Codes und Sprechgruppe 1 gesetzt, die zweite mit 16 analogen Kanälen und entsprechenden CTCSS-Ruftönen und die dritte mit je acht digitalen mit verschiedene Color Codes und Sprechgruppe 2 und acht analogen Kanälen mit CTCSS-Ruftönen vorprogrammiert. Bei langem Drücken des oberen Funktionstasters wird ein Alarm auf der Sprechgruppe und entsprechendem Color Code abgesetzt und alle anderen Geräte mit gleichen Kanaleinstellungen geben einen Alarmton aus, der durch kurzes Drücken der PTT stoppt.

Der zweite Funktionstaster ist bei Werkseinstellung für Aktivierung/Deaktivierung der Monitorfunktion (kurz gedrückt) sowie Sprachausgabe der Batteriekapazität (lang gedrückt) vorbelegt.

Das RT40 verfügt auch über eine 64-Bit-Verschlüsselung. Diese ist ab Werk für die vorprogrammierten Kanäle nicht aktiviert. Möchte man also diese Verschlüsselung nutzen muss man sie individuell über die Programmierungs-Software aktivieren.

CPS-Software

Wie schon zuvor erwähnt ist das Gerät so vorprogrammiert, dass sich das RT40 auch ohne Software-Programmierung sofort einsetzen lässt. Es gibt aber von Retevis eine CPS-Software um das RT40 auch individuell zu programmieren. Die CPS bietet umfangreichste Einstellungen, wie sie in dieser Preisklasse einmalig sind. Die Detailprogrammierung ist aber schon etwas für Kenner der Materie.

Ein Manko was wir feststellen mussten ist, dass es bei der Nutzung der CPS-Software für das RT40 Probleme mit dem deutschen Windows-10-Betriebssystem und dem Separationszeichen für Dezimaltrennung und Zifferngruppen gibt. Diese sind ja default auf Komma für Dezimaltrennung und Punkt für Zifferngruppen eingestellt, wie eben im deutschen Sprachraum üblich. Damit kommt die CPS-Software für das RT40 aber leider nicht klar. Vor der Anwendung muss man diese daher unbedingt auf englische Einstellungen umstellen, so dass das Zeichen Punkt für die Dezimaltrennung und Komma für die Zifferngruppen angewendet werden.

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Dies erledigt man über die Windows-10-Einstellungen. Eine Umstellung der Tastatursprache auf Englisch führt hier nicht zum Ziel. Dazu muss man unter den Einstellungen "Zeit und Sprache" dann "Region und Sprache" auswählen und auf  "Zusätzliche Datums-, Uhrzeit- und Ländereinstellungen"  klicken und dann in dem aufgehenden Fenster unter Region  "Datums-, Uhrzeit- oder Zahlenformat" anwählen und in dem neuen aufgehenden Dialog dann auf den Button "Weitere Einstellungen" klicken und nun geht der richtige Dialog auf, wo man im Reiter "Zahlen" dann in den entsprechenden Feldern die erforderlichen Änderungen vornehmen kann (siehe Abb. oben).

Wir möchten hier einmal den Experten die eine individuelle Programmierung vornehmen einen kurzen Überblick über die Möglichkeiten vermitteln.

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Über Basic-Einstellungen kann man jedem Gerät auch eine eigene DMR-ID (also eine eindeutige Funkgeräte-Identifikation) zuweisen und die entsprechenden Haltezeiten für Gruppen- und Privat-Rufe anpassen (siehe Abb. oben).

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Jeder programmierte Kanal erlaubt umfassende Einstellmöglichkeiten (s. Abb. oben). Neben Zeitschlitz, Color Code und Sprechgruppe lassen sich Sprechzeitbegrenzung (TOT) sowie Gruppen- und Scan-Listen und die üblichen Alarmierungsparameter anwählen.

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Auch die Belegung der Funktionstasten lässt sich, wie schon zuvor erwähnt, individuell anpassen (s. Abb. oben). Auch sind feste Kurzmitteilungen einzugeben, diese haben aber beim RT40 keine Funktion. Offensichtlich ist die Software für die Programmierung auch anderer Funkgeräte mit Display vorgesehen.

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Es lassen sich auch mehrere Scan-Listen anlegen. Über eine Scan-Liste kann man über mehrere analoge und/oder digitale Kanäle hinweg monitoren. Ist auf einem Kanal Betrieb festzustellen so bleibt man für eine bestimmte, voreingestellte Zeit auf diesem Kanal (s. Abb. oben).

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Auch User-Gruppen lassen sich anlegen (s. Abb. oben).

Praxis

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Die Handhabung und Verarbeitung ist für diesen Preisbereich sehr gut. Der verwendete Codec AMBE+2 bietet wie bei den teureren Profigeräten eine sehr guter Verständlichkeit. Die Ausgangslautstärke ist auch für Umgebungen mit hohem Störpegel absolut ausreichend. Mit 0,5 Watt HF-Ausgangsleistung ist auch im Indoor-Betrieb eine Funkreichweite von 100 bis 200 Metern gegeben. Im Outdoor-Bereich liegt diese deutlich darüber.

Die Individualisierung über die CPS-Software ist das i-Tüpfelchen beim  RT40 denn die Möglichkeiten sind fast auf dem Niveau mancher DMR Tier-2 Geräte.

Da viele Anwender im PMR446-Bereich noch analog arbeiten oder mit dPMR im 6,25-kHz-Raster ist es auf den 16 digitalen Kanälen sehr ruhig. Die Ausgangsleistung mit 0,5 Watt begrenzt natürlich auch Reichweite und somit auch Störungseinflüsse von Dritten. PMR446 ist also durchaus eine Alternative für viele Anwendungen. Man muss natürlich darauf hinweisen, dass für sicherheitsrelevante Aufgaben Funkgeräte mit fest zugewiesenen lizenzgebundenen Frequenzen eingesetzt werden sollten. Aber zum Beispiel für Kurzstreckenkommunikation der Technik-Crew etc. eignet sich digitales PMR446 auf jeden Fall.

Fazit

Ein wirklich spannender Punkt ist der Preis denn das RT40 wird schon für 70 Euro angeboten. Der Einsatz ist für Veranstaltungen kleinerer und auch ggf. mittlerer Größe geeignet, und zwar dort wo kein Repeater-Einsatz erforderlich ist, man auf eine Lizenz verzichten möchte und die Anzahl der Funkgeräte bei maximal 30 bis 40 liegt. Eine kleine Einschränkung des RT40 ist, dass man kein Headset sondern nur einen Kopfhörer anschließen kann. Die Individualisierung der Geräte durch die CPS-Software ist zwar etwas für Experten, erweitert aber die Möglichkeiten der Funkgeräte deutlich und mindert zudem auch Beeinträchtigungen durch Dritte Funkanwender über die Zuweisung von Sprechgruppen, Color Codes und DMR-IDs.

Ein wichtiger Faktior ist, dass es auch einen offiziellen Retevis-Deutschlandvertrieb gibt, der auch Garantieleistungen etc. abwickelt.

www.retevis.info