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Focusrite Control 2802

Analoges 28/32-2 Mischpult mit acht Motorfadern und integriertem DAW-Controller

Autor: Holger Claßen
Fotos: Peter Kaminski

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Das Focusrite 2802 ist ein Dual-Layer-Mischpult. Unter diesem Begriff versteht der Hersteller die Kombination von zwei Funktionsschichten (Layern) in einem Gerät, hier also die Kombination von analogem Mischpult und DAW Controller mit acht Motor-Fadern. Man kann zwischen den beiden Funktionsebenen hin- und herschalten.

Das Focusrite Control 2802 im folgenden einmal kurz Zusammengefasst:

Dem Focusrite Control 2802 liegt ein Software-Paket für Pro Tools bei. Dieses stellt in den Formaten RTAS und TDM die Focusrite Forté Suite sowie die Midnight-Plug-in-Suite bereit. Die Midnight-Plug-In-Suite haben wir auch schon in unserem Portal für Sie getestet:

[Test Midnight Plug-In-Suite]

Technik und Konzept

Das Focusrite Control 2802 ist sehr kompakt, wie die folgenden Abmessungen belegen: Breite 450 mm, Tiefe 550 mm, Höhe vorn 60 mm und hinten 170 mm. Bei diesen Abmessungen kann man es mittels optional erhältlicher Rack-Schienen auch in ein 19“-Rack schrauben, wobei 15 Höheneinheiten vorzusehen sind.

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Anschlüsse

Alle Anschlüsse, mit Ausnahme eines 3,5-mm-Klinkeneingangs für Consumergeräte, hier iJack genannt, befinden sich auf der Rückseite des Geräts. Alle 6,35 mm Klinkenbuchsen sind symmetrisch beschaltet.

Die acht Mikrofoneingänge sind als XLR, die acht Line-Eingänge als 6,35 Klinken ausgeführt. Es stehen zwei 25-Pol D-Sub für DAW-Input sowie Summing-Input zur Verfügung.

Als XLR-Paare gibt es die Eingänge für DAW Mix, DAW Foldback sowie ein Ext Input. Ein XLR-Anschluss für ein externes Talkback-Mikrofon ist ausserdem vorhanden, die Phantomspeisung hierfür wird mittels eines kleinen, versenkt angebrachten Schalters aktiviert. Die zwei Stereo FX-Returns an liegen als Klinkenbuchsen an, wobei der linke Eingang jeweils als Mono-Eingang ausgeführt ist.

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Die Direktausgänge für die Kanäle 1 bis 8 sind als 25-Pol D-Sub ausgeführt. Als XLR gibt es die Ausgänge für die Haupt- sowie Alternativabhöre, Cue-Ausgang sowie Mix-Ausgang und die beiden Aux-Ausgänge.

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Alle Inserts sind als 6,35-mm-Klinkenbichsen ausgeführt. Es gibt acht Inserts (Send/Return) in den Eingangskanälen sowie Mix/Summen-Inserts, die im Signalfluss vor dem eingebauten Kompressor liegen.  

Bedienung

Das Focusrite Control 2802 ist optisch zweigeteilt. Der obere dunkle Teil beinhaltet im wesentlichen den analogen Teil, der untere hellere die Fader sowie die Bedienelemente für die DAW-Anbindung.

Kanalzüge

Das Focusrite Control 2802 verfügt über acht Kanalzüge.

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Die Ausstattung ist wie folgt:

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Es gibt beleuchtete Schalter für Kanalauswahl (Sel), Stummschaltung (Cut) und Solo-Abhören (siehe Foto oben). Die Fader sind 100 mm lang und als Motorfader ausgeführt.

Ein Equalizer ist nicht vorhanden. Jeder Eingangskanal hat ein 10-Segment LED Meter. Das mit 0 VU bezeichnete Segment zeigt den Studioreferenzpegel von 4 dBu an. Unter dem Kanal-LED-Meter wird die Kanalnummer beleuchtet dargestellt.

Jeder der acht Eingangskanäle hat eine Direct Out Funktion. Mittels der zwei Direct-Out Schalter lässt sich zwischen vier Abgriffspunkten für das an den Direct Out (D-Sub) geschickte Signal wählen. Ein unter dem Gain Reduction Meter angebrachter Schalter schaltet das Kanal-Metering global zwischen Eingangssignal und Direktausgang um.

Zentralsektion

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In der Mitte befindet sich das 20-Segment Stereo-Mix-Meter, dieses kann man mittels kleiner, versenkter Potis trimmen. Darunter befindet sich das Zehnsegment Gain Reduction Meter des Kompressors, rechts vom Mix-Meter befindet sich das Talk-Back-Mikrofon sowie drei beleuchtete Anzeigen für die Spannungsversorgung.

Monitorsektion

Die Monitorsektion des Focusrite Control 2802 ist sehr umfangreich ausgestattet. Unter dem Volume-Knopf, der für die Haupt- sowie die alternative Abhörmonitore zuständig ist (letztere lässt sich in einem Bereich von +/- 10 dB im Pegel anpassen), befinden sich zwei beleuchtete Taster für DIM und CUT. Die DIM-Absenkung lasst sich mittels Poti zwischen 0 und -20 dB einstellen. Unter dem DIM-Poti befinden sich die kleinen Schalter für L/R CUT sowie MONO. Die Polarität des linken Ausgangs lässt sich mittels eines kleinen, nicht-rastenden Tasters (Ø) drehen.

Die Solo-Funktionalität ist vielseitig. Mittels eines Solo-In-Front-Reglers kann zwischen kompletter Isolation des Signals (Solo) und praktischer Aufhebung der Solo-Funktionalität (Mix) stufenlos das gewünschte Verhältnis der eigenen Arbeitsweise angepasst werden.

Der Solo-Pegel kann mittels des Solo-Level-Potis noch um +/- 10 dB im Verhältnis zum Haupt-Volume angepasst werden.
Bei gedrücktem PFL-Schalter in der Solo-Sektion wird das solierte Signal vor dem Fader abgegriffen. Solo-In-Place schickt das entsprechende Signal nicht zum Solo-Bus, sondern benutzt den Summenbus als Abhörweg, hier also auch mit allen eventuell insertierten Kompressoren, EQs usw.

Der Abhöre kann man mit dem Mix/Source Schalter entweder das am Mix Bus anstehende Signal oder eine Abhörmatrix, die sich oberhalb des Schalters befindet, zuweisen. Die Auswahl (Mix/SRC) wird mittels eines beleuchteten Streifens oberhalb des Schalters angezeigt. Als Quellen stehen zur Verfügung:

Dieser lässt sich im Pegel mittels eines Potis anpassen.

Master-Sektion

Der Cue/Foldback Bus ist auf der Rückseite als Stereo XLR-Ausgang ausgeführt. Die auf diesen Bus schaltbaren Quellen sind links neben dem entsprechendem Master-Poti angebracht. Auf den Cue/FB Bus lassen sich DAW Mix, das Control-Room-Signal, die beiden Aux-Wege, der Cue-Bus sowie das am externen DAW F/B-Eingang anliegende Signal aufschalten. Dieser Bus kann über den Kopfhörer mit dem Cue/FB to Phones -Schalter abgehört werden, der Kopfhörerausgang ist mittels eines Schalters an- und ausschaltbar.

Kompressor

Integriert in das Focusrite Control 2802 ist ein VCA-Kompressor. Dieser ist angelehnt an den berühmten Bus-Kompressor englischer Großkonsolen aus den 1980er. Der Kompressor kann mittels eines beleuchteten Schalters hinter den (auf der Rückseite als Klinkenbuchsen vorhandenen) Mix-Inserts in den Summenbus geschaltet werden.

Für die externe Nutzung ist der Ext-Taster zuständigen. Ist dieser gedrückt, muss man die rückwärtigen Ein- und Ausgänge entsprechend patchen. Neben den üblichen Reglern für Threshold und Gain gibt es noch einen Dry-Wet-Regler, der stufenlos das Verhältnis zwischen komprimierten und unkomprimierten Signal festlegt.

Die Zeitkonstanten sind über Attack- und Release-Schalter einstellbar und folgen in der Parametrierung dem Vorbild. Der Ratio-Schalter hält mit 1,2:1, 1,5:1, 2:1, 4:1, 10:1 sowie 20:1 einen weiten Bereich von Kompressionsverhältnissen vor.

Mix Output

Die Mix-Summe wird rückseitig als XLR-Paar ausgeführt. An diesem Ausgang liegt das Summensignal an, welches mittels eines 100 mm Faders gepegelt wird. an Auf dem Summenbus, Mix Bus genannt, kann man neben den acht Eingangskanälen den Cue Bus, den man mit alternativen acht DAW-Eingängen beschalten kann, noch den DAW-Mix Eingang zuschalten.

28 oder 32 Kanal-Summierer? - Das Modell hat den hat die Modellbezeichnung 2802 und deutet in der Audiowelt auf eine Mischfunktionalität von 28 Eingängen auf einen Stereobus. Tatsächlich lassen sich 32 Kanäle summieren. Wie wird dieses ermöglicht?

Acht Haupteingänge (XLR oder Klinke), mit Pegel und Panorama = 8 Eingänge
Acht DAW-Eingänge (D-Sub), via Cue Bus mit Pegel und Panorama = 16 Eingänge
Acht Summing Inputs (D-Sub) = 24 Eingänge
Zwei Stereo FX-Returns (Klinke) = 28 Eingänge
Zwei DAW Mix (XLR) = 30 Eingänge
Zwei Main Insert Returns (Klinke) = 32 Eingänge

Von diesen 32 Eingängen lassen sich 16 im Pegel am Pult vollständig regeln, acht haben einen eigenen Summierbus und sind in der Summe regelbar, die anderen Eingänge müssen extern gepegelt werden.

Focusrite Control 2802 als DAW-Controller

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Die Anbindung der Focusrite Control 2802 als DAW-Controller erfolgt via RJ45/Ethernet. Auf dem Mac gab es bei der Installation und Anbindung an Logic keine Probleme. Die entsprechenden Treiber findet man auf der mitgelieferten CD oder als Download im Netz.

Die Control 2802 läuft via Mackie HUI-Protokoll. Die DAW-Controller Funktionalität nutzt das Mackie HUI-Protokoll sehr gut. Die vier OLED-Displays zeigen, wenn auch mit recht kleiner Schriftgröße, die gerade ausgewählten Funktionen oder Parameter an. Verschiedenste DAW-Funktionen wie z. B. Die Zuweisung eines Plug-Ins oder eines Ausgangs, übliche Einstellungen wie Pan, Aux etc geht einfach und zügig. Die verschiedenen Automationsmodi werden gut unterstützt. Die gesamte Controller-Funktionalität ist sehr umfangreich, im Rahmen dieses Tests konnten wir hier leider nur auf einige Punkte eingehen.

Rechte Seite der DAW-Controller-Sektion mit OLED-Displays, beleuchteten Tastern zur DAW-Steuerung, Laufwerksteuerung und Jogwheel.

Praxis

Das Pult ist relativ schnell angeschlossen. Beim ersten Anschalten bemerkten wir einen Knackser und beim Ausschalten eine lautes Geräusch. Dieses ist unabhängig von der Stellung des Volume-Potis und vom Status des Dim- oder Cut-Schalters.

Insgesamt ist das Pult übersichtlich aufgebaut, die Beschriftung ist jedoch - dieses ist wohl der Kompaktheit geschuldet - recht klein ausgefallen und ein wenig kontrastarm, insbesondere in leicht schummeriger Studioumgebung.

Die Handhabung des externen Talkback-Mikrofons ist etwas unglücklich. Der Anschluss ist auf der Rückseite, versenkter Phantomspeisungsschalter ebenso, der Pegel des TB-Mics kann dann mittels eines versenkt angebrachten Trimpotis nur mit einem kleinen Schraubendreher eingestellt werden. Gut, dass man diese Einrichtung nicht so oft macht.

Die Kopfhörerbuchse hätten wir uns gerne auf der Oberseite des Pultes gewünscht. Etwas inkonsistent ist das Design der Konsole in Bezug auf die kleinen weissen Schalter. In der rechts gelegenen Monitorsektion sind diese beleuchtet, in den Kanälen jedoch nicht. So wird das Aufschalten der Phantomspeisung in den Kanälen optisch nicht deutlich angezeigt. Dieses kann in einigen Situation zu Problemen beim Anwender führen.

Positiv erwähnen sollte man, dass viele Potis an den entscheidenden Punkten, z. B. für Trim und Pan, mit Mittenrastung ausgeführt sind.

Der Kompressor arbeitet einwandfrei und ist mehr als ein Add-On. Man kann zwischen subtiler Summenkompression bis zur Verdichtung von Schlagzeugräumen eine Menge Anwendungsbereiche abdecken. Wirklich flexibel ist der Kompressor durch die frei steckbaren Ein-und Ausgänge. Die Mikrophonvorverstärker sind transparent, rauscharm und von hoher Qualität.

Die Cue/FB -Sektion ist gut ausgestattet, in Puncto Monitor/Kopfhörermix ist eigentlich an alles gedacht. Die Monitorsektion ist im Umfang und Funktionalität hervorragend und lässt keine großen Wünsche aufkommen.

Die fehlenden Equalizer in den Kanälen sind Anbetracht des aktuellen Straßenpreises zu verschmerzen. Inserts sind in ersten acht den Kanälen vorhanden, das für Mikrophonaufnahmen wichtige Hochpassfilter ist eingebaut.

Fazit

Die Verarbeitung ist wirklich gut und das kompakte Pult hinterlässt einen eben solchen Gesamteindruck. Für den aktuellen Straßenpreis von 3.500 € bekommt man einen acht-Kanal DAW Controller mit Motorfadern, ein 28/32 in 2 Summierer/Mischpult, eine prima Abhörsektion und einen guten VCA-Kompressor. Also ein wirkliche gutes Preis/Leistungsverhältnis.

Dieses Pult/Control dürfte für die meisten Projektstudio eine mehr als ausreichende Funktionalität zur Verfügung stellen. Die Audioqualität ist ebenfalls als rundherum gut zu bezeichnen. Wer eine Zentraleinheit für sein Studio sucht, sollte das Focusrite Control 2802 unbedingt einmal antesten - es lohnt sich.

www.focusrite.de