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Royer Labs R-121

Studio-Bändchenmikrofon

Text und Fotos: Peter Kaminski

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Royer Labs ist ein US-Hersteller, der sich voll auf die Entwicklung von Bändchenmikrofonen konzentriert. David Royer gründete Mojave Audio in Kalifornien und entwickelte Kondensatormikrofone und Mikrofonvorverstärker und Kompressoren. Sein Interesse an Bändchenmikrofone war nach der Reparatur eines solchen Mikrofons geweckt. 1997 entwickelte David Royer mit dem R-121 sein eigenes, erstes Bändchenmikrofon. Mittlerweile hat Royer Labs gut ein Dutzend verschiedene Bändchenmikrofone im Programm. Mit dem R-101 auch ein sehr preiswertes. Auch aktive Bänchenmikrofone bietet Royer mit dem R-122 und dem SF-2 an sowie mit dem R-122V und dem SF-24V auch Röhren-Bändchenmikrofone.

Wir möchten für Sie den Klassiker und zugleich das Flaggschiff von Royer vorstellen, dass R-121 in der Platinum Limited Edition, welches 2014 in Erinnerung an die Auszeichnung mit dem Technical Grammy 2013 aufgelegt wurde. Von dieser Edition wurden nur 120 Stück gefertigt und es wird mit einem Zertifikat von David Royer ausgeliefert. Das Mikrofon ist mit reinem Platin beschichtet und hat neben dem technischen Wert sicherlich auch Sammlerwert in der Studioszene.

Aber es gibt natürlich auch die deutlich preiswertere normale Variante des R-121. Also an alle die kreativ mit dem Sound umgehen: unbedingt weiterlesen! Auch wenn es wahrlich keine Neuigkeit ist, so ist es nicht minder interessant.

Technik Bändchenmikrofone

Für diejenigen, die sich noch nicht mit den Bändchenmikrofonen auseinander gesetzt haben, hier einmal in Kürze ein Überblick über technisches Prinzip und Besonderheiten.

Bändchenmikrofone gehören zur Gruppe der Dynamischen Mikrofone, die die Membranbewegung, verursacht durch die Schallschwingungen, mittels Induktion in elektrische Spannung umsetzt, wobei die Membranbewegung proportional der erzeugten Ausgangsspannung des Schallwandlers ist.

Beim Tauchspulenmikrofon wird diese Induktion über eine Spule realisiert, die sich über einen Permanentmagneten bewegt und so die mechanische Auslenkung in elektrische Spannung wandelt. Bei Schallwandler nach dem Bändchen-Prinzip bewegt sich nicht eine Spule sondern ein gefalteter Metallstreifen, meistens aus leichtem Aluminium, mit ein paar Millimeter Breite und ein paar Zentimeter Länge zwischen einem Permanentmagneten. Die Dicke des Metallstreifens beträgt wenigen Mikrometern und so weist der Metallstreifen, bzw. das Bändchen, eine sehr geringe Masse auf. Die Anordnung wirkt wie ein Druckgradientenempfänger mit einer Richtcharakteristik in Form einer Acht. Die Einsprechrichtung ist daher seitlich vom Mikrofon.

Gerät der gespannte Metallstreifen in Schwingung wird ebenfalls eine Spannung proportional den Luftbewegungen induziert, die am Ende des Metallstreifens abgenommen werden kann. Klar ist natürlich auch, dass ein Metallstreifen dieser Länge eine sehr niedrige Impedanz aufweist und auch die induzierte Spannung sehr gering ist. Daher wird bei passiven Bändchenmikrofonen ein Übertrager nachgeschaltet, der sowohl die Impedanz auf eine übliche Größe transformiert als auch die sehr geringe Ausgangsspannung erhöht.

Bändchenmikrofone weisen prinzipbedingt einige Besonderheiten auf. Ein Nachteil ist z. B. die hohe Empfindlichkeit auf Erschütterungen und die hohe Windempfindlichkeit. Minderungen dieser Empfindlichkeit führen je nach Ausführung zu Einschränkungen in dem Übertragungsbereich. Durch die sehr geringe Masse des Bändchens ergibt ein sehr gutes Impulsverhalten und zudem zeichnen sich Bändchenmikrofone durch eine hohe Linearität aus.

Das Prinzip des Bändchenmikrofons wurde schon sehr früh entwickelt aber wegen der sehr geringen Ausgangsspannung geriet es in Vergessenheit und erst um 1930 wurde von Harry Olson das erste Bändchenmikrofon gebaut, das auch in der Praxis nutzbar war. In den 40er und 50er Jahren hatten Bändchenmikrofone auf dem amerikanischen Kontinent ihre Hochzeit. Doch durch die Änderung der Übertragungstechnik und dem größerem Übertragungsbereich und der damit verbundenen Änderung in den Hörgewohnheiten, startete das Kondensatormikrofon seinen Siegeszug, das in Europa auch viel früher eingesetzt wurde als in Übersee. Aber gerade die Entwicklung der digitalen Audiotechnik bescherte den Bändchenmikrofone eine Renaissance. Dazu später mehr. 

Ein praktischer Aspekt ist, dass ältere Bändchenmikrofone bei angelegter Tonaderspeisung zerstört werden konnten. Gegenüber 48-Volt-Phantomspeisung sind die meisten heutigen Mikrofone allerdings tolerant aber man sollte trotzdem vermeiden, 48-Volt-Phantomspeisung in Verbindung mit Bändchenmikrofone zuzuschalten. Ist dies einmal passiert die Phantomspeisung einfach deaktivieren und warten bis die Spannung abgebaut ist und auf keinen Fall das Bändchenmikrofon bei eingeschalteter Phantomspeisung abziehen. 

Technik R-121

Das Royer R-121 ist ein typischer Vertreter des Bändchenmikrofons. Die Richtcharakteristik ist eine Acht mit zwei möglichen seitlichen Einsprechrichtungen. Der Frequenzgang (+/- 3 dB) beträgt 30 Hz bis 15 kHz und der Grenzschalldruck 135 dB SPL. Der Ersatzgeräuschpegel beträgt -50 dB (1 V/Pa Ref.).

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Mit dem R-121 Live gibt es auch eine spezielle Variante für den Bühnenbetrieb, welche sich durch eine besondere Robustheit auszeichnet. Äußerlich ist diese Version lediglich an dem roten Royer-Logo zu erkennen. Beim R-121 Live wurde das Bänchenelement von 2,5 auf 4 Mikrometer erhöht, was das Mikrofon unempfindlicher macht. Akustisch wird dadurch der Höhenanteil gegenüber der Standardversion etwas bedämpft, was für den Live-Einsatz durchaus nicht als Nachteil zu sehen ist.

Praxis

Der praktische Aspekt bekommt bei dem R-121 einer besonderen Bedeutung zu, denn es ist kein Allrounder sondern schon ein sehr spezielles Mikrofon mit eben besonderen Eigenschaften, die klanglich sehr interessante Ergebnisse liefern kann.

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Foto: Herbert Böhme vom Boogie Park Studio beim Ausrichten des Royer R-121 am Flügel.

Zunächst einmal grundsätzlich zum Klang. Der Unterschied zu Kondensatormikrofonen wird im A/B-Vergleich nach wenigen Sekunden wahrnehmbar. Zunächst einmal ist es deutlich leiser und der Griff zum Gain-Regler ist die erste Maßnahme. Der Störabstand ist aber so gut, dass dies bei heutiger Technik kein Gegenargument zum Einsatz darstellt.

Der Frequenzgang ist etwas eingeschränkter gegenüber modernen Kondensatormikrofonen. Das hängt zumindest zum Teil damit zusammen, dass das Mikrofon über bestimmte Ansätze unempfindlicher gegenüber Wind- und Körperschall ausgeführt wird. Die obere -3 dB Grenzfrequenz liegt beim R-121 bei ca. 15 kHz. Man darf sich aber nicht vorstellen, dass das Mikrofon oben die Höhen abschneidet. Das Gefühl kommt überhaupt nicht auf, sondern der Präsenzbereich verlagert sich etwas nach unten. Insgesamt wird das Klangbild bei den Aufnahmen mit dem R-121 kompakter und Höhen, Mitten und Bassanteile fügen sich besser zu einer Einheit zusammen. Insgesamt wirkt das Klangbild sehr rund und harmonisch und ist dabei auf keinen Fall ein "Weichmacher", was besonders bei der Transientenwiedergabe deutlich positiv wahrnehmbar ist. Daher ist die beschriebene Wärme des Royer R-121 auch nicht mit einem Röhrenmikrofon vergleichbar.

Man muss bei der Mikrofonierung aufpassen, dass man nicht zu nah an die Schallquelle rückt. Zwar verträgt das R-121 einiges an Schalldruck aber einer sehr nahen Mikrofonierung steht entgegen, dass einmal störende Windgeräusche erzeugt werden können und zudem haben Bändchenmikrofone einen sehr ausgeprägten Nahbesprechungseffekt. Daher kann man Sie auch gut als Sprechermikrofon bei männlichen Stimmen einsetzen aber für Gesang ist ein gewisser Abstand erforderlich, da der Klang doch schnell zu bassig wird. 

Das R-121 eignet sich sehr gut für Flügel. Hier kommt man meistens mit einem Mikrofon aus, da im Ergebnis durch den spezifischen Frequenzgang eine bessere Frequenzwichtung erzielt wird. Das R-121 lässt sich, prinzipbedingt wie andere Bändchenmikrofone auch, für Instrumente einsetzen, die zugleich ein hohen Transientenanteil, hohen Schalldruck und großen Anteil von Frequenzen im oberen Hörbereich aufweisen, wie z. B. Trompeten.

Auch bei Perkussion und Schlagzeug lässt sich das R-121 auch als Overheat-Mikro sehr gut einsetzen. Zu stark zischende Hihats ober schrille Becken lassen sich mit dem R-121 klanglich in ihre Schranken verweisen. Das Ergebnis ist in der Regel so mit einem Equalizer nur schwer oder gar nicht erreichbar. Auch akustische Gitarren, besonders mit Stahlsaiten, lassen sich gut mit dem R-121 abnehmen.

Auffällig ist auch, dass sich die einzelnen Instrumentenaufnahmen, die mit Bändchenmikrofonen erstellt wurden, auch sehr gut in das Gesamtbild einer gemischten Mikrofonaufstellung integriert. Eine Anwendung ist auch sicherlich die Abnahme von Gitarren-Amps. Hier glänzt das Royer R-121 durch die hohe Auflösung im Mittenbereich, die so kleinste Nuancen im Klang vermittelt, ohne die Integrität des Gesamtklangs negativ zu beeinflussen. Ich könnte mir allerdings vorstellen, dass sich mit dem Royer R-122V hier von Fall zu Fall noch bessere Ergebnisse erzielen lassen - sicherlich auch in Abhängigkeit vom Pickup und Amptyp und den Amp-Einstellungen.

Fazit

Vertrieben werden die Mikrofone von Royer in Deutschland von der S.E.A. Vertrieb und Consulting GmbH. Der Preis der Standardversion des R-121 liegt laut Vertrieb bei ca. 1.700 Euro. Die R-121 Platinum Limited Edition liegt mit ca. 2.000 Euro nur knapp darüber. Im Lieferumfang ist neben dem Echtheitszertifikat ein Holzetui mit Stoffsack und eine Paar Stoffhandschuh. Wichtig noch zu erwähnen, dass man auch von allen Varianten des Royer R-121 Mikrofons ein Matched Pairs Set für Stereoanwendungen anbietet.

Durch die heutigen technischen Aufzeichnungsmöglichkeiten und Qualität der Aufzeichnung bringt der Klassiker für kreative und experimentierfreudige Sound-Bastler sehr viel klangliches Potential mit und das gerade auch für Anwender mit digitalen Interfaces, die einen eher warmen und ausgewogenen Sound bevorzugen und ohne zusätzliche Preamps arbeiten.

www.royerlabs.com
www.sae-vertrieb.de