Technik im Stadion "An der alten Försterei" von Union Berlin

Autor: Peter Kaminski | Fotos: Peter Kaminski und Archiv

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In der Bundesliga-Saison 2016/2017 zeigte Union Berlin eine top Leistung. Aber nicht nur sportlich gibt es im Stadion von Union Berlin einiges Interessantes zu sehen. Auch die Technik ist mehr als erwähnenswert. 2014 wurde die Haupttribüne im Stadion komplett neu gebaut. Dies sollte auch verbunden werden mit neuer Technik in vielen Bereichen und genau darüber möchten wir berichten.

Projektierung

Ulf Robeck war für das Konzept für Multimediale Anwendungen, u. a. auch für Live-Übertragungen, bei diesem Projekt verantwortlich. Zum Team stießen dann Sebastian Reiter, der aus der Veranstaltungstechnik kam, sowie Maik Schwarz, der seine Erfahrungen im Bereich der Netzwerktechnik einbrachte, hinzu. In den sechs Wochen, die lediglich für die Planung zur Verfügung standen, fiel dann schnell die Entscheidung auf ein IP-TV-Konzept. Zu der damaligen Zeit gab es im Stadionbereich im umliegenden Europa noch kein ähnliches IP-TV-basierendes Konzept. Nach vollzogenem Stadionumbau konnten dann 110 Displays und die IP-TV-Technik in Betrieb genommen werden.

Veranstaltungen

Bei Union Berlin gibt es keine dritten Betreiber der Stadiontechnik. Alles wird selbst mit eigenem Personal abgewickelt und betrieben. Dies gibt es so in keinem anderen deutschen Fußballstadion. Union ist also ein Full-Service-Anbieter und kann Gästen die eine Veranstaltung im Hause durchführen möchten, alles aus einer Hand bieten. Selbst sechs festangestellte Köche gehören zum Personal. Es gibt also nur einen Ansprechpartner für alle Belange einer Veranstaltung.

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[Abb. oben: Die Beschallung erfolgt mit auf 100-V-System modifizierten Lautsprecher von Bose]

Im Jahr finden 200 bis 250 Veranstaltungen im Stadion statt plus zusätzliche 100 bis 150 interne Meetings, bzw. Konferenzen. Fußball steht vom Stellenwert dabei natürlich ganz oben aber es finden ja lediglich 17 Ligaspiele im Jahr statt, so dass rein quantitativ betrachtet andere Veranstaltungen deutlich häufiger stattfinden. Die Fremdveranstaltungen gehen vom kleinen Business-Meeting hin bis zu großen Veranstaltungen wie ein Oktoberfest mit 1000 Besuchern.

IP-TV

Das IP-TV basiert auf ein System des amerikanischen Herstellers VBRICK mit TV-Systeme von Samsung. Diese industriellen Displays haben den Vorteil, dass sie alle über Netzwerk steuerbar sind. Das war den Planern besonders wichtig. Im Sportbereich ist ein separater Bereich und hier stehen ca. 20 TV-Systeme die nicht ferngesteuert werden. Die 24 VIP-Logen können mit individuellem Content bespielt werden. Weiter gibt es Großraumbereiche, die in Zonen unterteilt sind, um eine Synchronisation zwischen Ton und wiedergegebenem Bild zu gewährleisten. Es gibt fünf Großbereiche mit bis zu elf TV-Systemen.

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Es werden 30 Fernsehkanäle im Haus verbreitet von öffentlich rechtlichen Sendern bis hin zu Sky, mit denen eine Kooperation existiert. Neben 180 Screens/Tafeln die eingeblendet werden, zum Beispiel Sponsoreninformationen, wird am Spieltag eine sechsstündige Live-Sendung produziert. Auch Werbe-Trailer von Sponsoren werden über die Regie im Programm verbreitet.

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Im Juli 2016 wurde eine neue Anzeigetafel mit 1344 x 768 Bildpunkte und eine LED-Bande mit 265 Modulen (96 x 96 Bildpunkte) installiert. Anzeigetafel und LED-Bande wurden von der deutschen Firma prodesign Marketing GmbH aus Berlin produziert und die Projektleitung hatte Ulf Rohbeck. Beide Systeme arbeiten auf dem NovaStar Realtime Network Protocol. Die Ansteuerung beider Systeme erfolgt zentral aus der Regie und wurde voll in das bestehende System integriert.

Netzwerk

Nun aber zur Vernetzung des gesamten Systems, was mit Komponenten von Riedel Communication realisiert wurde. Riedel hatte zum Projektplanungszeitpunkt 2006 MediorNet gerade in den Markt gebracht und Union suchte nach einer adäquaten Technik. Riedel war auf der Suche nach einem Stadion als Referenzprojekt. Da 2006 viele Stadien aber gerade modernisiert wurden, war es schwierig ein Referenzstadion zu finden. Da passten die Ideen und die Wünsche von Union Berlin und der Wunsch von Riedel nach einem Referenzprojekt sehr gut zusammen.

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Für die IP-TV-Übertragung wird das Hausnetz genommen. Hier werden 40 TV Streams in 720p verteilt. Über dieses Hausnetz läuft der gesamte IP-Verkehr, bis hin zu den Datenzentren. Das Backbone-Bereich erfolgt über 2 x 10 GBit/s mit üblicher LWL-Sternverkabelung. Ein Weg ist passiv geschaltet und dient ggf. für Redundanz. Auf jeder Etage gibt es ein Switch-Stacks bestehend aus drei bis vier Switchen. Die Übertragungskapazität von 10 GBit/s ist so hoch, dass man nie in datentechnische Engpässe gerät. Die verschiedenen Anwendungsbereiche werden über 40 VLANs auf dem physikalischen Netz getrennt.

Es gibt insgesamt sechs Standorte mit MediorNet/RockNet-Frames und zwar:

  • die Hausregie,
  • die Stadionregie (u. a. mit dem Stadionsprecher),
  • ein zentraler Raum für die Stadionbeschallung mit den Amps (Bose Lautsprecher auf 100-V-System modifiziert),
  • der Raum für die Pressekonferenz,
  • der Hörfunk-Ü-Wagen
  • sowie ein mobiler Standort für Hörfunk-Moderator.

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[Abb. oben: Hausregie - hier laufen alle Fäden zusammen und von hier ist die gesamte Kontrolle über das System gegeben.]

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[Abb. oben: Sprecherkabinen und Stadion-Regie]

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[Abb. oben: Rack im zentralen Technikraum mit Endstufen für die Beschallung] 

Bei der Haus- und Stadionregie sowie im zentralen Raum für die Stadionbeschallung kommen Riedel MediorNet-Systeme zum Einsatz. An den Stationen wo nur Audio erforderlich ist, wie bei der Pressekonferenz und am Ü-Wagen, kommen aus Kostengründen RockNet-Komponenten zum Einsatz, die aber über das MediorNet übertragen werden.

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[Abb. oben: Pressekonferenzraum - unten: Medien-Rack in der Pressekonferenz]

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Ein Höhepunkt ist immer die Pressekonferenz, die auch die höchste Aufmerksamkeit mit sich bringt. Diese wird auch Live in dem hauseigenen Portal AFTV übertragen und ist auf dem Web-Portal gegen Bezahlung dann abrufbar. Hier werden auch weitere Beiträge und die Live-Übertragung angeboten. Durch die hohe Aktualität die man hier bietet zieht das viele Fans an. Über eine Mediathek lassen sich Beiträge auch im Nachhinein anschauen.

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Für die Übergabe für die Hörfunkübertragung des Rundfunk Berlin-Brandenburg werden auch RockNet-Einheiten eingesetzt. So wird zum Beispiel Ton des Stadionsprechers und der Pressekonferenz sowie der Station-Atmo-Ton für den Ü-Wagen bereitgestellt. Besonders interessant ist in diesem Zusammenhang zu erwähnen, dass man die Einheiten über das MediorNet auch konfigurieren kann.

Funkkommunikation

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Auch beim Thema Funk ist Riedel Communication beteiligt. Man lieferte die Funkgeräte und nahm auch die Programmierung vor. Nach Stadionumbau reichte das vorhandene analoge Funksystem nicht mehr aus. Es wurde im Stadion sowohl Tetra und DMR getestet und man entschied sich für das DMR-basierendes Motorola MOTOTRBO. Im Stadion gibt es zudem für die Berliner Polizei eine Tetra-Funkzelle, die von der Polizei eingerichtet und betrieben wird.

Mit dem MOTOTRBO-System konnten alle Anforderungen erfüllt werden und es war deutlich kostengünstiger als ein Tetra System. Dabei hat man die Vorteile des Digitalfunks schnell kennen und schätzen gelernt. Die Funkabdeckung reichte nun bis in die anliegenden S-Bahnhöfe. In einem Einkaufszentrum wird bei Spieltagen auch die oberste Etage des Parkhauses genutzt. Dort steht auch Sicherheitspersonal von Union und nutzt ebenfalls das Funksystem. Fan- und Mitgliederabteilung ist auch in den umliegenden Bahnhöfen aktiv und auch mit Funk ausgestattet.

Mit dem Repeater-System auf dem Dach ergibt sich eine Reichweite von zwölf Kilometer um das Stadion herum. Es werden zwei Repeater - also mit insgesamt vier Zeitschlitzen - betrieben. Es sind 150 Handgeräte im Einsatz. Für Auswärtsspiele wurden bei der BNetzA drei Frequenzen genehmigt. So kann man im Direktfrequenz-Betrieb ohne Umsetzer einige Geräte dann Deutschlandweit in den anderen Spielstadien einsetzen.

Neben zwei Auftischgeräten für den Sicherheitsdienst wird die Motorola DP4000-Serie für Ordner und Sicherheit sowie die SL4000-Serie für das Veranstaltungspersonal eingesetzt. Die Geräte sind so programmiert, dass bei Umschaltung die Funkgeräte die aktuelle Sprechgruppe ansagen.

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Eine Besonderheit ist, dass die Brandmeldeanlage mit der Funkanlage gekoppelt ist. Dies ist in Abstimmung mit den Baubehörden und der Feuerwehr erfolgt. Bei Spieltagen erfolgt bei einer Auslösung eines Feueralarms keine automatische Evakuierung mit entsprechenden automatisierten Ansagen. Brandalarme werden (s. Abb. oben) als Sammelmeldung in Form einer Textkurznachricht per Funk automatisiert an einen bestimmten Personenkreis und zwar der Gruppe Haustechnik gesendet, die dann der Situation angepasst handeln kann. Es gibt insgesamt über 450 Rauchmelder. Das MOTOTRBO-System bekommt über einen potentialfreien Kontakt eine Telemetrieeingabe, die dann zur Auslösung der Kurznachricht führt.

Fazit

proaudio.de: "Vielleicht zum Abschluss noch ein paar Worte, warum habt Ihr Euch für Riedel entschieden habt?"

Antwort Sebastian Reiter: "Ich hatte schon lange und viel mit verschiedensten Produkten von Riedel zu tun und hatte da schon viel positive Erfahrung gemacht. Die lokale Nähe zu dem Riedel-Standort in Berlin-Adlershof ergab einen weiteren Punkt zur positiven Bewertung. Wir haben im Bedarfsfall innerhalb kürzester Zeit einen Techniker oder ein Ersatzgerät aus dem Riedel-Mietbestand hier. Selbst die Funkkommunikation mit unseren Betriebsfunkgeräten zu dem Riedel-Standort ist möglich. Da auch noch Riedel sowohl Funk als auch das MediorNet liefert ist das ein weiterer Punkt, der zu der Entscheidung geführt hat, dass Riedel den Auftrag bekommen hat. Wenn wir einmal zusätzliche Geräte anmieten müssen, stehen diese ebenfalls kurzfristig bereit.

Und zur technischen Beurteilung ist noch zu sagen, dass beim Riedel Produkt MediorNet der Riesenvorteil ist, dass sowohl Audio, Video und auch Daten über ein Medium übertragen werden können und die Stationen kompakt in einem Frame umgesetzt sind. Man braucht keine festen verkabelten Wege mehr. Mit dem IP-TV können wir an jedem Punkt im Netzwerk Inhalte bereitstellen."

www.fc-union-berlin.de
www.riedel.net